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Regel war. Zum
Teil bildeten ja die
Dekorationen des
ostasiatischen Por-
zellans in den ersten
Jahrzehnten der
Produktion von
Meißen und Wien,
die ja für diese erste
Periode - von
Venedigs Porzellan-
kunst weiß man ja
noch so gut wie gar
nichts - allein in
Betracht kommen,
die Vorbilder der
Maler.Danebenaber
gehen in Meißen
Dekorationen, die eigens für das Porzellan dieser Fabrik erfunden worden
sind. Es sind das vor allem die Chinoiserien des Malers Johann Gregor
Herold, jene reizvollen, phantastischen Bildchen, in denen eine heitere
Märchenwelt - die personifizierte Exotik, wie man sie nennen könnte H
in einer unerschöpflichen Fülle von Einfällen und launigen Episoden dar-
gestellt ist. Wenn auch hin und wieder Erinnerungen an Stiche aus
Reisewerken leicht anklingenli, so sind diese Kompositionen doch ganz
eigenartig und neu. Wie groß der Erßndungsreichtum Herolds und seiner
Schüler war, zeigt sich schon an einem einzigen Service. In der Regel sind
sämtliche Darstellungen auf allen Stücken voneinander verschieden, keine
einzige wiederholt sich.
Neben Herold werden in dem Verzeichnisse der im April 1731 in Meißen
beschäftigten Arbeiter noch sechs andere Maler für „Japponische Figuren"
aufgeführt. Einige von ihnen haben offenbar unabhängig von Herold einen
eigenen Stil besessen, denn es finden sich neben den Heroldschen Chinoi-
serien noch andersartige Chinesendarstellungen, solche in einfacher eckiger
Umrißzeichnungw und solche, die sich ganz an die Bilder der ostasiatischen
Porzellane anschließen, indem sie in ähnlicher Weise die Emailfarben in
breiten Flächen auftragen. Für die anderen, weniger selbständigen Maler
gaben wahrscheinlich Stiche die Vorlagen, die Herold zu diesem Zwecke
verfertigte. Zwei derselben haben sich noch in der Ornamentstichsammlung
des königlichen Kunstgewerbemuseums erhalten; der eine trägt die Bezeich-
nung: „J. G. Höroldt. inv. et fecit r726" (Abb. Seite 24). In ähnlicher Weise
4' Vgl. Europäisches Porzellan des XVIII. Jahrhunderts. Katalog der vom 15. Februar bis 30. April 1904
im Lichthofe des kgl. Kunstgewerbemuseums zu Berlin ausgestellten Porzellane. Von Adolf Brüning in Ver-
bindung mit Wilhelm Behncke, Max Creulz und Georg Swarzenski. Berlin rgo4. Einleitung Seite XII und H.
H: Vgl. Europäisches Porzellan u. s. w. Tafel VIII.
„La Perspective". Stich von Crepy nach Waneau