MAK

Volltext: Monatszeitschrift VIII (1905 / Heft 1)

Straßen- und Platzanlagen. 
165 
Die neuen Straßenanlagen wirken selbst in dem von dem bekannten Architekten Siccards- 
burg entworfenen Stadtteile „Favoriten“ „uniformiert“, und wird dieser Eindruck nur durch 
die eingeschalteten öffentlichen Gärten und Baumpflanzungen gemildert. 
Die Breiten der Haupt- und Nebenstraßen sind in Wien relativ gering und stehen in 
keinem Verhältnis zu den Haushöhen, wie in vielen anderen Städten. Die größte Breite besitzt 
die Gürtelstraße mit 75 86 m (40 Klaf 
ter), dann folgen die Ringstraße mit 
56'89 m (30 Klafter), die Praterstraße 
in ihrem oberen Teil mit fast 43'00 m. 
Hieran schließen sich jene Straßen, 
die Teile alter Reichsstraßen sind, 
wie: die Mariahilferstraße, welche in 
ihrem oberen Teil eine Breite von 
34'4 m hat, sich jedoch im untersten 
Teil auf 26'55 m verengt, dann die 
Linzerstraße, die Wiedener Haupt 
straße, die Matzlcinsdorferstraße, die 
Landstraßer Hauptstraße, die Triester- 
straße und Simmeringer Hauptstraße, 
deren Breiten im Mittel 23’00 m, 
23-00 bis 26 00 m, 30 34 m, 24’65 
bis 28-45 m und bei beiden letzt 
genannten 28'45 m betragen. Ansehn 
lichere Breiten besitzen noch die 
Alserstraße (18-96 bis 30 0 m), die 
Währingerstraße (18-96 bis 28 0 m) 
und die Obere Augartenstraße (50 00 
bis 67‘00 m). 
Die anläßlich der in der Mitte 
des 19. Jahrhunderts begonnenen 
planmäßigen Regulierung in den ver 
schiedenen Bezirken neu angelegten 
oder verbreiterten alten Hauptstraßen 
bekamen in der Regel eine Breite 
von 10 Klaftern = 18-96 m, seltener 
eine Breite von 12 Klaftern = 22-76 m. 
Die Breiten der Hauptstraßen der 
sogenannten Donaustadt, das ist der 
am regulierten Donaustrom gelegenen 
Stadtteile des II. und XX. Bezirkes, 
wurden meist mit Breiten von 18’96, 
28 45 und 3004 m bemessen. Die 
bereits erwähnten, vom Ring in die 
Innere Stadt führenden Fortsetzungen 
der Radialstraßen haben meist von . , . 
alters her nur ganz geringe Breiten. Unter den Straßen, deren Verbreiterung energisch in 
Angriff genommen und durchgeführt wurde, ist vor allem die Kärntnerstraße zu nennen, deren 
alter Teil von einer mittleren Breite von 9 0 m auf eine Breite von 19-0 m gebracht wurde (siehe 
Abb 120) Die Verbreiterungen der Rotenturmstraße auf 19 0 m, der Wipplingerstraße auf 
17 0 m sind zum größeren Teil bereits durchgeführt; dagegen weisen andere Hauptstraßen, 
wie die Wollzeilc und Singerstraße, heute noch größtenteils ihre geringen alten Breiten von 
zirka 9 0 m auf, und ist für dieselben überhaupt nur eine Breite von 15 m vorgesehem Die sehr 
verkehrsreiche Herrengasse hat sogar nur die durchschnittliche Breite von zirka 8 0 m und 
wird infolge der zahlreichen dort befindlichen öffentlichen Gebäude und Palaste in abseh 
barer Zeit kaum breiter gemacht werden können. Die Nebenstraßen sind in der Innern Stadt 
und in den älteren Teilen der Bezirke natürlich noch weit schmäler als die Hauptstraßen. 
Breiten von 9. ja sogar von 7 und 5 m sind in denselben nicht selten, doch wird deren Ver 
breiterung auf mindestens 10 bis 12 m angestrebt. In jenen neuen, außerhalb des ehemaligen
	            		
Wohnvierteln mit landhausartiger Ver bauung, welche meist außerhalb der Vorortelinie der Stadtbahn im Norden, Westen und Südwesten der Stadt ge legen sind, haben die Nebenstraßen ge wöhnlich 12 00 bis 13 00m Breite und beiderseits meist 4 bis 5 m tiefe Vor gärten. Abb. 119 zeigt ein Querprofil einer derartigen Straße mit geböschtem Vorgarten an der Bergseite, bei welchem die Anlage hoher Stützmauern gegen die Straße vermieden ist. Die Vorgarten tiefen hängen vom Terrainquergefälle ab. Straßenwesen. Linienwalles gelegenen Stadtteilen, wo die Verbauungshöhe auf drei Stockwerke beschränkt ist, wurden die Nebenstraßen, einer Bestimmung der Bauordnung entsprechend, in der Regel 15 bis 16 m breit angelegt. In den Abb. 119. Querprofil einer Vorgartenstraße. 1:300. Die in das Gebiet der ersten Stadterweiterung fallenden Teile der Haupt- und Nebenstraßen des I. Bezirkes wurden mit großen Breiten angelegt. So ist z. B. die Breite der verlängerten Kärntnerstraße (siehe Abb. 120) mit 37‘93m, der verlängerten Wipplingerstraße mit 27 66 m, die der Universitätsstraße als Verlängerung der Schottengasse mit 50 50 m bemessen Die' Nebenstraßen sind meist 1517 m, 16 00 m oder 17-OOm breit, ln den neu projektierten und im Entstehen befindlichen Stadtteilen sind die Hauptstraßen unter Berücksichtigung einer späteren Bepflanzung und Führung der elektrischen Straßenbahn auf eigenen Banketren mit 26 00 bis 33-00 m Normalbreite angenommen. Die Breite der Nebenstraßen richtet sich nach der Verwendungsart des betreffenden Stadtgebietes. Von der Gesamtstraßenbreite entfallen bei normalen Straßenbreiten einer Bestimmung der jetzt geltenden Bauordnung entsprechend auf die beiden Trottoire je ein Sechstel. Diese Breiten reichen meistenteils für den lebhaften Fußgeherverkehr der Hauptstraße nicht aus und ergeben auch für die Nebenstraßen zu geringe Maße, weshalb in jüngster Zeit bei Neuherstellungen der Straßendecke die Trottoire auf je ein Fünftel der Gesamtstraßenbreite vergrößert werden. Die Anordnung von Baumreihen und Anpflanzungen kommt bei den alten Straßen schon wegen der geringen Straßenbreite selten vor; sie ist aber meist auch dann nicht mehr durch führbar, wenn diese Straßen auf eine für die Bepflanzung genügende Breite gebracht worden sind, weil die im Untergründe befindlichen, der alten unregelmäßigen Trace der Straße fol genden Objekte (Kanäle, Gas-, Wasser- und Kabelleitungen aller Art) in der regulierten Straße so ungeordnet liegen, daß sie vielfach in die Baumreihen fallen würden. Es sind auch die Kosten der Bepflanzung relativ sehr hoch, weil der Untergrund für das Gedeihen der Alleen meist nicht geeignet ist und daher Baumgruben mit 9 bis 18 m 3 Gartenerde für jeden Baum hergestellt werden müs sen. Die Anpflanzung eines Baumes kostet dann einschließ lich des Schutzkorbes, der Ra senscheibe und der Bewässe rungsanlage 100 bis 150 K. Bei neuen Straßenanlagen mit Brei ten von 23 00 m oder mehr werden indessen trotzdem in der Regel Baumreihen vorge sehen. Eine nachahmenswerte Lösung zeigt Abb. 122, welche ein Querprofil der Landesge richtsstraße beim Rathause dar stellt. Die Allee auf der einen und die Gärtchen auf der ande ren Seite geben dieser Straße ein sehr freundliches Aussehen.
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.