arbeitete damals nur noch
Menzel, doch blieb er als Maler
hinter Waldmüller zurück.
Dieser war der farbige Bahn-
brecher, der schon Dinge sah,
die für andere Leute erst viel
später kamen. Das Porträt
einer sehr brünetten alten Frau
mit grauen Augen und dünnen
Lippen steht auf der Linie
I-Iolbein-Leibl. Die schlichte
Wahrheit des Porträts eines
„Wiener Bürgers", fein und
leicht und ungesucht in Form
und Ton, erinnert an Selbst-
bildnisse des jugendlichen
Rembrandt. In den kleinen
Formaten, die heutzutage so
vernachlässigt sind, hat Wald-
müller noch einen besonderen
Zauber von gesunder Liebens-
würdigkeit. Als hätte damals
unbewußt immer ein solcher
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4'551
Entwurf für eine Stickerei von Emma Gilk
(Kunsistickereisehule Wien)
Typus in der Wiener Luft geschwebt; der Typus des Herzogs von Reichstadt und der
charmanten Kaiserinnen der Biedermeierzeit. Sie färbten auf die ganze damalige Gesell-
Entwurf für eine Zigarettentasche von
RudolfStün-lpfe (Schiilerarbeit ausderAus-
stellung kunstgewerblicher Lehranstalten)
schaft ab. Das Hauptstück der Ausstellung war das
große Familienbild des Fabrikanten Eltz, mit zehn
Figuren in freier österreichischer Hochgebirgsgegend,
das auch in Dresden großes Aufsehen erregt hat. Es
trägt die jahreszahl 1835; damals war kein Maler in
deutschen Landen solcher Dinge mächtig. Das Bild
ist erst voriges Jahr durch die Abbildung in meinem
Buche „Österreichische Kunst im XIX. Jahrhundert"
wieder an die Oberfläche getaucht. - Nach Schluß
der Waldmüller-Ausstellung folgte in diesen Räumen
eine hochinteressante Ausstellung von graphischen
Arbeiten Aubrey Beardsleys. Dieses blutjung ver-
storbene Zeichnergenie ist heute als künstlerischer
Bahnbrecher anerkannt in jener vampyrhaften Welt,
aus der bei uns Oskar Wildes „Salome" (die Beardsley
illustriert hat) typisch geworden ist. Dieser Saal voll
Teufeleien eines originellen Exzentrikgeistes hat nicht
verfehlt, die Feinschmecker des „dernier cri" lebhaft
anzuregen.
HAGENBUND. Die Herbstausstellung brachte
eine angenehme Überraschung. Einen großen
Saal voll Bilder und Studien Max Liebermanns. Dreißig
Jahre einer persönlichen farbigen Entwicklung, von
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