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Volltext: Monatszeitschrift VIII (1905 / Heft 1)

war dort eben nur eine Nebenbemerkung. Übrigens konnte sie wohl dadurch glaubhaft 
erscheinen, daß ich schon auf Seite 23 eingehend über die vorderasiatischen (syrischen) 
und indischen Einwirkungen auf China, besonders auch über die durch Hirth festgestellte 
Einfuhr syrischer Stoffe in China gesprochen hatte. Denn wenn 
wir wissen, daß vorderasiatische Stoffe nach Ostasien gekommen 
sind, und wir dort einen alten Stoff finden, der einem vorder- 
asiatischen offenbar nachgebildet ist, so liegt gewiß kein Grund 
vor, die ostasiatische Nachahmung in eine wesentlich andere 
Zeit zu versetzen als das Vorbild. Vorderasiatische Arbeiten 
sind aber in einer der Nachahmung wirklich ähnlichen Form 
höchstens bis in die frühsarazenische oder frühbyzantinische Zeit 
nachzuweisen; spätere Beispiele konnte ich nicht anführen. 
Auch stimmt das Ornament außerhalb der Kreise bei dem 
Stoffe aus Nara ganz mit Arbeiten etwa des VI. bis VIII. jahr- 
hunderts und nicht mehr mit denen späterer Zeit. 
Es erschien mir also an jener Stelle nicht nötig, etwa 
auftretende Zweifel an der Richtigkeit der japanischen Datierung 
des Stückes erst ausführlich zu widerlegen, und es könnte im 
ersten Augenblicke auch hier nicht nötig erscheinen. 
Da es heute nun aber einmal üblich ist, an den japanischen Teilvinsssvidenstvßesaßsdem 
Datierungen zu zweifeln, so erlaube ich mir, mich hier auf einen Nuhhssf d'sj'P'"i5'h'" F" 
der bedeutendsten Kenner japanischer Kunst in Europa zu i'm ähyfm" 1' ("s N"a'J'm 
in Tokyo), nach Milnsterberg 
beziehen, auf Professor Dr. Ernst Grosse in Freiburg i. Br., 
der, nebenbei bemerkt, das städtische Museum Freiburgs zu einem der wenigen in 
Mitteleuropa gemacht hat, die echte altjapanische Kunstwerke besitzen. 
Professor Grosse schreibt mir: „Die Japaner haben sicherlich ein größeresWissen und 
ein besseres Urteil über ihre eigene Kunst, als wir Europäer, die wir eben erst durch die Tür- 
spalte geblickt haben. Sie besitzen eine kunsthistorische Tradition, die mindestens ebenso 
alt und zuverlässig ist wie die europäische und es fehlt ihnen auch durchaus nicht an dem 
Willen und an der Fähigkeit zur Kritik. Sie brauchen nur einige neuere Werke wie die 
Kunstzeitschrift Kokkwa oder das Bilderwerk von Tajima zu durchblättern, um sich zu 
überzeugen, daß die japanischen Kunstforscher nicht unkritischer sind als die europäischen. 
Zugleich werden Sie freilich sehen, daß über das Alter und die Herkunft mancher Kunst- 
werke in Japan ebenso viele und große Meinungsverschiedenheiten bestehen wie in 
Europa auch. Glücklicherweise sind aber gerade jene Objekte, auf welche es Ihnen 
ankommt (nämlich die Stoffe aus Nara wie der oben angeführte), kritischen Anzweiflungen 
am wenigsten ausgesetzt. Sie gehören nämlich zu den Schätzen, die _ wie urkundlich 
bezeugt ist - von dem Kaiser Shyömu I. (724-748) dem To-dai-ji in Nara übermacht 
und seitdem in einem eigenen Gebäude - dem Shyo-so-in - sorgfältig aufbewahrt 
worden sind. 
Der Shyo-so-in ist kein öffentliches Museum, sondern ein verschlossenes Schatzhaus, 
das nur in ziemlich langen Zwischenräumen - wenn ich nicht irre - einmal unter jeder 
Regierung von einer kaiserlichen Kommission geöffnet wird, die alsdann den Inhalt ganz 
oder vielleicht auch nur teilweise mit dem Inventare vergleicht. Ich habe niemals gehört, 
daß dem Vermächtnisse des Kaisers Shyömu in späteren Zeiten Stücke hinzugefügt wären; 
jedenfalls ist mir nichts bekannt, was uns berechtigte, an dem Alter der dern Shyömu 
ausdrücklich zugeschriebenen Gegenstände zu zweifeln. Es könnte sich nur fragen, ob sie 
nicht zum Teile schon aus älterer Zeit und aus fremden Ländern stammten . . ." 
Dies ist übrigens tatsächlich von den japanischen Gelehrten und damach von den 
oben angeführten Forschern und von rnir angenommen worden; der eben erwähnte Stoff 
scheint nämlich aus China eingeführt zu sein. Die chinesische Umbildung der Formen 
wurde in meiner Arbeit auch näher besprochen. 

	        
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