wie unser Batik; dabei muß natürlich manches in der reinen Flächenbehandlung des
Stoffes und in der Plastik des Reliefs auch wieder anders erscheinen. Und dann will ich
auch nicht im entferntesten behaupten, daß gerade diese oder auch nur nahe verwandte
Muster vorlagen. Das indochinesische Stück selbst ist ja nur der Abglanz einer langen
Entwicklungsreihe. Ich möchte nur im allgemeinen die Richtung andeuten, in der wir Vor-
bilder solcher Formensprache zu finden vermögen. Es sei hier noch einmal hervorgehoben,
daß durch die oben erwähnten Forschungen l-Iirth's ein über Indien gehender Handel
zwischen Ostasien und Ägypten von der spätantiken Zeit an erwiesen ist. Die Unter-
suchungen D. Fouquefs („Contribution ä Yetude de la ceramique orientale", Kairo 1900),
die mir leider erst nach Abschluß meiner Textilarbeit bekannt geworden sind, legen sogar
die Vermutung nahe, daß die Verbindungen noch viel innigere waren, da schon in früh-
sarazenischer Zeit chinesisches Porzellan in Ägypten befruchtend einwirkte. (Es könnte
hiedurch auch meine Vermutung [a. a. O. S. 2x8], daß die sogenannten „osmanischen
l-Ialbfayencen", Rhodosware, auf späteren chinesischen Einflul] zurückgehen, an Wahr-
scheinlichkeit gewinnen.)
Ganz nebenbei möchte ich auf die eigentümlichen, im ganzen Raumgefihl unserem
Batik verwandten Zweigverschlingungen ägyptischer Schnitzarbeiten hinweisen, die
Strzygowski in dem Aufsatze über Mschatta (Abbildung 80 und 84) veröffentlicht hat, und
auf einen Teil der Arbeiten von Mschatta selbst (a. a. O. etwa Tafel X); denn, wie man
diese auch datieren will, für jünger als frühsarazenisch wird sie wohl niemand ansehen.
Auch könnte man vielleicht sogar ravennatische und ähnliche Kapitellformen, zum Beispiel
von der Herkules-Basililra in Ravenna (Essenwein „Die Ausgänge der klassischen Bau-
kunst", Darmstadt, x886, Fig. go), zum Vergleiche heranziehen.
Beiläufig möchte ich hier auch erwähnen, daß ein farbig schablonierter Stoff mit
Kreise bildendem Rankenwerke und Vögeln als Mittelstücken zu den gesicherten Reliquien
des Schatzhauses zu Nara gehört (Münsterberg, Abbildung 98). Auch dieses Stück würde
man noch vor kurzem in so früher Zeit nicht für möglich gehalten haben, und doch darf man
nach dem Gesagten an seiner Datierung nicht zweifeln; es ist unserem Stoffe vielfach
verwandt, zeigt aber mehr den reinen Naturalismus der ostasiatischen Kunst, während
sich unser Stück ebenso wie in der Technik anscheinend auch in der Form mehr an
indische Arbeiten anlehnt. Ich glaube aber, es ist nur indische Beeinflussung anzunehmen;
das Stück selbst, das uns vorliegt, könnte spätantik-ägyptisch sein. Eine unbedingte Ent-
scheidung wage ich allerdings nicht zu fallen.
Aber, ob man nun dieser Vermutung, der Annahme eines Zusammenhanges unseres
Stückes mit Indien, folgen mag oder nicht, jedenfalls ist der Stoff kein holländischer Zitz
des XVIII. Jahrhunderts, und es liegt gar kein stichhältiger Grund vor, seine spätantike
Herkunft zu bezweifeln. Ich habe also nicht etwa, weil ich frühe Beziehungen des Mittel-
meergebietes zum östlichen Asien angenommen habe, einen Stoff des XVIII. Jahrhunderts
für einen spätantiken gehalten, sondern man könnte ohne eine solche Annahme diesem
Stoffe vielleicht gar nicht gerecht werden.
Jedenfalls erkennt man auch, daß die Erforschung der gewerblichen Künste noch
viele wichtige Fragen der Kunst- und Kulturgeschichte anzuregen und zu beantworten
im stande sein wird.
Natürlich wird es hier noch vieler Arbeit bedürfen. Ich werde, wie an anderer
Stelle gesagt, vollkommen zufrieden sein, wenn sich durch den Versuch, die Entwicklung
der Textilkunst einmal von einem allgemeinen Standpunkte aus zu betrachten, wenigstens
eine Grundlage für die weitere Diskussion gefunden haben wird. M. Dreger
BERLINER DEKORATIVE CHRONIK. Die mit großer Spannung er-
wartete Lösung des Wertheim-Erweiterungsbaues durch Professor Messel liegt nun
vor aller Augen da. Aus den gleichförmigen Kaufhausfronten der Leipzigerstraße, die eine
Riesenkomposition mächtiger Schauanlagen aus Glas, Metall und Stein darstellen, galt es