hin sehen wir aber im Ofen das Werk einer Zeit, die mehr als das Menschen-
möglichste zu leisten suchte.
Ähnlich war es in der Rauris. Der große Reichtum, der aus den Bergen
fioß, wollte Dinge auf den Besitzungen der reichen Gewerken sehen, wie
sie vorher nicht geboten wurden. Wenn es wahr ist, daß damals die
Knappen mit silbernen Platten nach dem Ziele warfen, das Wild mit
silbernen Kugeln jagten und lebenden Ochsen die Haut vom Rücken zogen,
so gab es dort Mutwillen und Wohlstand genug. Der Wohlstand förderte
die Freude am Schönen und das Bedürfnis, Alles aufs Beste zu haben.
Das ausgehende XV. und das beginnende XVI. Jahrhundert haben auch
im Lande Salzburg den Charakter einer gewaltigen Kunstepoche. In diesen
Zeitraum von wenigen Dezennien drängt sich die Entstehung, beziehungs-
weise der Umbau der gotischen Kirchen in Mariapfarr, Hüttau, Vigaun,
Adnet, Scheffau und etwa hundert anderer Kirchen im Lande. Die schönste,
die spätgotische in Gastein wurde 1498 begonnen und in den ersten Jahren
des folgenden Jahrhunderts vollendet. Ähnlich ist es mit den Arbeiten der
Holz- und Steinplastik und der Tafelmalerei: „Sie fallen zeitlich mit den
besten Werken der Baukunst, mit den reichsten Schöpfungen des Kunst-
gewerbes und mit dem Entstehen unseres Ofens überein."
Vergessen wir nicht, daß das Land Salzburg in erster Linie berufen
war, südliche Anregungen an Deutschland weiterzugeben. Bayern erhielt
schon im frühen Mittelalter lombardischen Einfluß auf die Baukunst durch
Vermittlung von Salzburg, später Elemente der oberitalienischen und süd-
tiroler Malerei über Salzburg. Richtig ist: „Bayem hat von seinem stamm-
verwandten I-Iinterlande mehr empfangen, als ihm gegeben."
Und dieser Weg, den_ alle Techniken, alle Stilarten gegangen sind, ist
auch dem Kunstgewerbe nicht verschloßen geblieben, schon gar nicht
jenem ihrer Zweige, in dem Italien neben anderen stets das Beste geleistet
hat ; der Keramik mit der Kenntnis der Herstellung und Verwertung
farbiger Glasuren.
Wohl ist Tirol von allen deutschen Ländern Italien am nächsten
gestanden, unter seinem starken EinHusse hatte es aber bereits zu Beginn
des XVI. Jahrhunderts für die Keramik die Renaissance voll aufgenommen.
Erst am Straßenknotenpunkt zwischen den Alpen und der Donau traf sich
italienische Technik und der deutsche Formenausdruck der letzten Gotik;
im Lande Salzburg, und nur dort konnten daher jene bedeutenden Werke
deutscher Kunstkeramik entstehen, über deren Provenienz wir bisher im
Unklaren waren.
Nürnberg ist uns nicht vorausgegangen, dies sollte bei der Beurteilung
unserer Arbeiten der Spätgotik und Frührenaissance, soweit sie diesem
Kunstgewerbe angehören, nie vergessen werden. Die alte Reichsstadt hatte
uns aber rasch überholt und darin liegen die Ursachen, warum wir heute,
beim Fehlen aller Nachweise so schwer österreichische Werke für uns
zurückgewinnen können.