zeugt ist, die Plastik der Zukunft sich entwickeln wird. Seit siebenund-
zwanzig Jahren kämpft er für seine Anschauung und hat im Dienste dieses
Selbstapostolats tatsächlich bereits dauernde Erfolge errungen.
Selbst Gegner anerkennen in ihm einen Spezialisten, der
auf immerhin begrenztem Gebiete, dem einer optischen Er-
scheinungweise, das moderne Illusionsproblem des Impressio-
nismus in überraschendem Maße plausibel gemacht hat.
Medardo Rosso ist einer jener großen Naiven, die in Italien,
dem Lande einer publikumgerechten Kunst, ab und zu doch
noch aufsprießen und alle Herkömmlichkeiten abstreifend
eine tolle Tat der Ursprünglichkeit tun. Ein solcher war
Segantini, der mit halb kindlicher, halb genialer Einfalt eine
Mechanik des Divisionismus erfand, indem er diesen gleich-
sam buchstäblich nahm und statt eines mischfarbigen Ganzen
dessen einzelne Komponenten kleinweise nebeneinander
setzte. Mailand war seit den Achtzigerjahren des vorigen
Jahrhunderts die Wiege solcher Bestrebungen. Segantini
und Gaetano Previati, beide um 1891, warfen sich auf dieses
technische Problem, doch hatten sie (siehe „Studio" Okt. 1904)
einen Anreger in Tranquillo Cremona (1- x878). Wie mir
Medardo Rosso mitteilt, war aber auch Cremona nicht die
erste Quelle, sondern schöpfte aus einem armen Teufel von
Maler, dem „povero Ranzoni", der sich zu ihm verhalten
habe „wie Verrochio zu Michelangelo". Und nicht nur Maler
gerieten dazumal auf diese Fährte, sondern gleichfalls durch
Cremona auch der Mailänder Bildhauer Grandi, auf dessen
Spur man noch jetzt Paolo Trubetzkoi sieht. Es ist gut, diese
Zusammenhänge einmal festzustellen.
Medardo Rosso ist 1858 in Turin geboren, kam aber
schon als Kind nach Genua. Er wurde erst Maler und ging
dann zur Bildhauerei über (wie unser Artur Strasser, der
Pettenkofen-Schüler). Eine Stelle Baudelaires, die von der
Leistungsunfähigkeit der Plastik im Gegensatz zur Malerei
spricht, soll in ihm das Problem zugespitzt haben, mit plasti-
schen Mitteln ähnliches zu erreichen, wie die „Maler mit
flüssigen Farben auf Leinwand". (Rosso benennt die Maler
gern in dieser umschreibenden Weise.) Er stellte seine ersten
Plastiken in Mailand und Rom aus. Auf dem Campo santo OmarRamsden und
von Mailand steht auch sein 1889 gearbeitetes Grabmal des 523335222":
Musikkritikers Filippo Filippi, des Vorkämpfers Richard Vsch-„msm
Wagners in Paris („Figaro") und Italien. Dann ging er nach
Paris, fest entschlossen sich dort durchzusetzen. Einige Jahre hielt er sich
noch unter dem Scheffel, weil er mit sich und seinem Problem noch
nicht fertig war. („Ich hatte keine Patronen für mein Gewehrß) Er fand
21'