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Medardo Rosso, Die Kranke im Hospital, Salon 1904 (nach einer von Mr. Chabrier überlassenen
photographischen Aufnahme)
aber unsicher und lückenhaft war unser Wissen dennoch. Was durch tech-
nische Fehler, eine gewisse teutonische Plumpheit, harte Bemalung aus dem
gewohnten Rahmen herausfiel und gar etwa keine Marke hatte, wurde fast
immer als thüringisch erklärt. Die mächtig erwachte Liebe für altes deutsches
Porzellan hat auch hier Wandel geschaffen. Vor zwei Jahren erschien das
mit einer Summe von Fleiß und Vertiefung geschriebene Werk des bekannten
Leipziger Nationalökonomen Wilhelm Stieda: „Die Anfänge der Porzellan-
fabrikation auf dem Thüringerwalde", in dem die zwölf Fabriken des
XVIII. Jahrhunderts auf Grund eingehender archivalischer Studien, For-
schungen in Kirchenbüchem etc. zum ersten Male ihre Darstellung fanden.
Stieda als Nationalökonomen interessierten in erster Linie die Produktions-
Verhältnisse, die wirtschaftsgeschichtliche Bedeutung des Porzellanlandes
Thüringen; die technische und kunstgewerbliche Seite trat für ihn mehr in
den Hintergrund. Hier sprang nun das Leipziger Kunstgewerbemuseum ein,
dessen Direktor Dr. Richard Graul, unterstützt von dem zweiten Direktor
Dr. A. Kurzwelly, eine kürzlich geschlossene Ausstellung von Altthüringer
Porzellan veranstaltet hat, die dank dem Entgegenkommen der Besitzer
solcher Porzellane volle Klarheit gebracht hat. Wir übersehen jetzt das
große Gebiet der Thüringer Porzellankunstindustrie im XVIlI. jahrhundert,
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