FRANK BRANGWYNS DEKORATIONEN
FUR DEN ENGLISCHEN SAAL DER INTER-
NATIONALEN AUSSTELLUNG IN VENEDIG 50'
VON P. G. KONODY-LONDON 50
ERR Bing, der weitsichtige Pariser Kunstkenner,
wandte sich bereits vor mehr als zehn Jahren,
da Frank Brangwyn in seinem englischen Vater-
lande nur den Eingeweihten als talentierter
junger Maler bekannt war, an ihn behufs der
dekorativen Ausschmückung des damals neu
erbauten Ausstellungshauses „L'Art Nouveau"
in der Rue de Provence. Heute ist Brangwyn
Associate der Royal Academy, wird als leiten-
der Maler Englands in dekorativen Dingen
anerkannt, und wenn es sich um irgend eine
wichtige derartige Aufgabe handelt, ist es ganz selbstverständlich, daß sich
aller Welt Augen auf dieses außergewöhnlich originelle und früh zur Blüte
gelangte Talent richten, welches in England heute schon die Stelle einnimmt,
die dem französischen Maler Puvis de Chavannes in seinem Lande erst so
spät im Leben zu teil wurde.
Allerdings kommt dabei das Verhältnis zwischen Angebot und Nach-
frage ins Spiel. Puvis war schließlich nur einer, wenn auch der größte
unter vielen; Brangwyn steht in seinem Lande und zu seiner Zeit fast allein.
So war es denn beinahe selbstverständlich, daß die Dekoration des eng-
lischen Saales der internationalen Ausstellung in Venedig diesem Künstler
anvertraut wurde.
Frank Brangwyn ist ein wahrer Künstler und als solcher weiß er den
Grundbedingungen einer derartigen Aufgabe Rechnung zu tragen. Ein Aus-
stellungsgegenstand, sei es ein Gemälde, eine Statue oder ein Erzeugnis
des Kunsthandwerks, will die Aufmerksamkeit auf sich lenken und muß so
angeordnet werden, daß das Auge des Beschauers davon angezogen wird,
ohne daß das Nachbarstück davon leidet. Die Dekoration des Ausstellungs-
raumes dient dazu, die diversen Objekte harmonisch zusammenzuhalten,
krasse Gegensätze auszugleichen und zu vermitteln und einen dem Auge
gefälligen, mehr oder weniger neutralen Hintergrund zu bilden, dessen man
erst nach einiger Zeit gewahr wird.
Dieser Hintergrund soll für Auge und Nerven beruhigend wirken. Fällt
er sofort bei Betreten des Saales auf, so ist, was auch immer sein Gedanken-
und Kunstinhalt sein mag, sein Zweck verfehlt. Die Dekoration wird unter
solchen Umständen in erster Hinsicht selbst Ausstellungsobjekt, anstatt
bescheiden zurückzutreten und den anderen Gegenständen zu erhöhter
Wirkung zu helfen. Je malerischer nun die Dekoration gehalten wird, desto
schwieriger wird es, dieser Grundbedingung Rechnung zu tragen, ganz