MAK

Volltext: Monatszeitschrift VIII (1905 / Heft 5 und 6)

fabrik betreibt und aus 
der innigen Verbin- 
dung dieser zwei Be- 
triebe für beide die 
günstigsten Resultate 
zu erzielen weiß. Für 
die Reformbedürftig- 
keit der derzeitigen Or- 
ganisation der Spitzen- 
hausindustrie oder 
richtiger gesagt für die 
Notwendigkeit, den 
Mangel einer derarti- 
gen Organisation zu 
beheben, mögen fol- 
gende typische Fälle 
aus dem praktischen 
Leben sprechen. 
In einem Brüsseler 
Spitzenbazarzahltman 
für einen Taschentuch- 
rahmen 20 Franken; 
in der Umgebung von 
Brügge arbeiten Scha- 
ren von alten Mütter- 
lein an demselben 
Muster und hungern Bauernhemd in punto dran-Arbeit aus Pagc, Dalmatien 
bei einem Stücklohne 
von - 4 I], Franken! Eine reiche wohltätige Dame hattein einer österreichischen 
Landgemeinde eine Erwerbsschule für Spitzenklöppelei gegründet und unter 
Aufopferung bedeutender Geldmittel deren Produktion, „um glatten Absatz 
zu finden", stets erheblich unter dem Selbstkostenpreise verkauft: nur der sehr 
begreiflichen Scheu der betreffenden Dame vor allzu großer Ausbreitung 
dieses eigenartigen kaufmännischen Unternehmens und der gänzlichen 
Regellosigkeit des Spitzenmarktes ist es zu danken, daß dieser humanitäre 
Preisdruck in anderen, wichtigeren Produktionsdisirrikten nicht verspürt wurde. 
In der nämlichen Gegend geschah es, daß sich in einem Dorf ein 
fremder Krämer niederließ, der kaum je zuvor geklöppelte Spitzen zu 
Gesicht bekommen haben mochte. Die Leute kamen zu ihm, kauften 
Lebensmittel, Hausrat und Schnittwaren und gaben ihm, da sie kein 
Geld hatten, selbstverfertigte Spitzen dafür zum Pfande. Wohl oder übel 
wurde der Mann binnen kurzem zum Spitzenhändler, druckte auf seine 
Geschäftskarten das kühne Wort „Spitzenmanufakturß verkaufte den Klöpp- 
lerinnen mit maßlosem Profite den erforderlichen Zwirn, gab ihnen für die 
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