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Volltext: Monatszeitschrift VIII (1905 / Heft 5 und 6)

von fast ethnographischer Sim- 
plizität, etwa wie naive Völker 
sich Sinnbilder und Gleichnisse 
machen. Und Hodler taucht 
diese Gesichte in ein sehr hel- 
les, kühles Licht, Weil] und 
Blau liebt er, die Firnenfarben, 
und die dünne messerscharfe 
Luft der krystallenen Höhen 
scheint durch diese Darstel- 
lungen zu wehen. 
Mehr begrifflich als gestal- 
tend scheinen diese Werke, 
mehr parabolische Tafeln als 
Gemälde, mehr kosmische 
Programm-Musik als reines 
Bildwerk. Man könnte sie sich 
als den hieratischen Schmuck 
einer Kultusstätte, eines Natur- 
und Menschheitstempels den- 
ken. Von Mann und Weib 
handeln diese Bilder meist. 
Primitive Urform haben diese 
Menschen, als hätten sie sich eben erst aus der Schöpfung gelöst. Sie drängen und ringen 
zur Eigenwerdung und die Geschlechter mustern sich neugierig und halb unbewußt, wie 
fremde Kinder, die auf einer Wiese sich zum Spiel zusammenfinden. Tag und Nacht wird 
in hellfarbigem und düsterem Abglanz gespiegelt und der Gesichtspunkt dieses Schauens 
ist immer, die Geschöpfe unter dem gewaltigen überragenden Schatten ihrer Gottheiten 
zu zeigen. 
Nach solcher Primitivität mit philosophischem Hintergrund das Luxusraflinement 
Gustav Klimts. 
Er hat einen eigenen Saal mit weißen Wänden von schwarzgoldenem quadratischen 
Ornament umzogen. Wie zwei Schmuckpfeiler begrenzen den Eingang die beiden Vitrinen 
mit Bibelots der Wiener Werkstätte, mit Silbergerät, gehämmert und inkrustiert, mit 
emailliertem Schmuck, mit seidengeschnürten Pergamentbänden. Klimts Bilder stimmen 
gut zu diesen Objets d'art. Denn sie sind auch durchaus dekorativer Natur. Sie geben nicht, 
wenn sie auch manchmal philosophische Etiketten tragen, Weltanschauungs-Offenbarungen; 
auch für die Weisheitsemblematik öffentlicher Bildungsstätten scheint diese Kunst wenig 
geeignet. Sie gibt vielmehr Visionen eines aufs höchste gesteigerten Geschmacksraffi- 
nements, koloristische Instrumentationen voll verwegener Reize, Kulturmischungen voll 
wollüstiger Kaprizen. Byzantinisches, die Welt Moreaus und Aubray Beardsleys wird 
hier neu beschworen, eine fast grausame Juwelenphantasie schwelgt hier in unerhörten 
Verbindungen. Deutlich wahrnehmbar sind auch die Verwandtschaften mit der schottischen 
Schule der Mackintosh, mit deren zu steilen hieratischen Ornamenten erstarrten Menschen- 
leibern. 
Wie aus „Paradies artiiiciels" sind die Figuren der Klimtschen Frauen. 
In den Gesichtern ist noch ein Schein des Lebens, die Gestalt aber verHüchtet sich 
in ein kapriziös künstliches Ornament, in ein Zierat, das oft fabelhaften Geschmacksreiz 
hat. Die Koloristik fesselt dabei besonders. Man Endet manchmal den dumpfen schweren 
Glanz des Emails von Limoges, dann ein milchiges Grau wallender Wassernebel, blau- 
grünlila Abtönungen voll chiffonzarten Bauches. Kostüm- und Schmuckträume eines ästhe- 
tischen Monomanen. Auch jene Bilder, die nicht Frauen darstellen, sind durchaus deko- 
 
Maschinstickereien
	        
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