"ALOIS RJIEGLi"
AS k. k. Österreichische Museum für Kunst und In-
dustrie kann es sich zu dauerndem Ruhme
anrechnen, daß es nicht nur für eine Reihe her-
vorragender Praktiker sondern auch für Theo-
retiker auf dem Gebiete der Kunstpflege und
Forschung ein fruchtbringendes Feld der Tätig-
keit und Entwicklung dargeboten hat; ich
brauche nur einige frühere Mitglieder des
Museums wie Eitelberger, Falke, Janitschek,
Lippmann, Ilg und Wickhoff zu nennen, um
damit zugleich einige der glänzendsten Vertreter
ihres Fachs aufzuzählen. Jedem, der die Verhältnisse kennt, wird sich aber
unwillkürlich schon der Name Riegl aufgedrängt haben.
Man kann sogar, ohne den genanntenund nicht genannten Männern,
die dem Museum angehört haben, in ihrer eigentümlichen Bedeutung nahe-
zutreten, wohl behaupten, daß kaum ein anderer - von Eitelberger abge-
sehen - seiner ganzen Natur nach mit dem Museum so eng verwachsen
war wie gerade Riegl.
Er war am I. August 1885 als Nachfolger Wickhoffs zur Verwaltung
der Textilabteilung berufen worden, wurde 1887 zum Kustosadjunkten des
Museums und dann 1894 zum außerordentlichen Professor der Kunstge-
schichte an der Universität ernannt; doch behielt er die Leitung der Textil-
abteilung noch bis zu seiner Ernennung zum ordentlichen Universitäts-
professor im Jahre 1897. Und seit Jänner rgoz gehörte er dem Museum
wieder, nun als Mitglied des Kuratoriums, an.
Wie ernst er seine Aufgabe schon von Anfang an erfaßte, zeigt seine
Arbeit über „Frühmittelalterliche Gewebe im Österreichischen Museum"
(Mitteilungen des k. k. Österreichischen Museums, N. F. I. Bd.) und sein Be-
mühen, auch die Ordnung und materielle Erhaltung der Sammlung, soweit
es die schwierigen äußeren Verhältnisse gestatteten, möglichst zu fördern.
Die großartigen Schätze spätantiker Stoffe aus ägyptischen Gräbern
waren in ihrer Hauptsache zwar schon im Jahre 1882 durch Ankauf aus dem
Besitze des Wiener Kaufmannes Th. Graf in den des Museums übergegan-
gen; die grundlegende wissenschaftlicheBedeutung verdanken sie aber doch
hauptsächlich den Forschungen Riegls; es seien hier sein Werk über „Die
ägyptischen Textilfunde im k. k. Österreichischen Museum" (Wien 189g) und
die Abhandlung „Der antike Webstuhl" (Mitteilungen des k. k. Österreichi-
schen Museums N. F. Band IV) erwähnt.
Niemand war so berufen, sich gerade in diese Dinge zu vertiefen, wie
Riegl; welche ungemeine Liebe und Sachkenntnis dazu gehört, so zerstörte
Gegenstände zunächst auch nur äußerlich zu ordnen, wird nur der Sammlungs-
beamte würdigen, der mit ähnlichen Gegenständen umzugehen hatte. Riegl