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Walachisches Wohnhaus aus Roinau
Wiens kaum Notiz und sind falsch berichtet; aber auch die Österreicher
selbst wissen wie in anderer Hinsicht auch hier nicht, was sie an und in
ihrem Vaterlande haben. Vor allem kennen auch die Künstler die Geschichte
der heimischen Kunst nicht.
S0 konnte es geschehen, daß, als es galt, auf der letzten Pariser Aus-
stellung das österreichische Repräsentationshaus in einem wienerischen
historischen Stile zu erbauen und man ganz richtig fühlte, daß der Stil
Fischers von Erlach etwas für Österreich Charakteristisches sei, ein Bau-
werk geschaffen wurde in Anlehnung an die Aula, die „man" für ein
Fischersches Werk hielt, während schon Ilg nachgewiesen hatte, daß sie
von einem Franzosen, Jadot de Ville Issey, herrühre. So wurde Österreich
in Paris durch die Kopie einer französischen Wiener Fassade repräsentiert.
Die Stimme eines einzelnen, die sich in der entscheidenden Kommissions-
Sitzung dagegen erhob, war zu schwach, um durchzudringen.
Und wenn wir die Neubearbeitung des in vieler Hinsicht vorzüglichen
und unentbehrlichen Springerschen Handbuches zur Hand nehmen, so genügt
eigentlich nur der von Neuwirth bearbeitete zweite Band (Mittelalter) den
Anforderungen, welche eine ausgleichende, wohl fundierte geschichtliche
Gerechtigkeit an ein solches Werk zu stellen hat; und auch die von Semrau
besorgte Neuauflage des Lübkeschen Grundrisses nimmt in dem der Barocke
gewidmeten Bande wohl Rücksicht auf Fischer von Erlach, Hildebrand,
Prandauer, Dientzenhofer, Gumpp, aber die italienische Ouvertüre zur großen
österreichischen Barocksymphonie kommt nicht nach Gebühr zur Geltung
und die Stimmen der Kronländer treten nicht entsprechend hervor. Ganz
begreiflich, denn auch Gurlitt konnte ihnen nicht zu ihrem Rechte verhelfen,