Holzbaukunst schätzte, be-
weisen noch manche wohl-
erhaltene Werke.
So bildet das Studium des
Fachwerkhauses eine Quelle
der Anregung für alle jene,
welche aus Wenigem viel zu
machen haben, anderseits
zeigt es uns aber besonders
die Fähigkeit vergangener
Zeiten, mit Hilfe der Beach-
tung aller natürlichen I-Iilfs-
mittel zwischen Aufgabe und
AusdrucksformBeziehungen
herzustellen, trotz gleichför-
miger Grundlagen Mannig-
faltigkeit und Leben zu er-
wecken.
Ganz unabhängig von
lokalen und formalen Va-
riationen der Detailbildung
sehen wir zuerst das Aus-
nützen aller Vorteile, welche
die klare Konstruktion bietet.
Das Haus trägt ein steifes
Gerüst aus vertikalen Stän-
dern und horizontalen Riegeln, das in der Regel auch eine ganz einheitliche
wirksame Dachform überdeckt. Die Wandfläche wird an sich schon durch das
lineare Element des dunkeln I-Iolzbalkens gegliedert. Das Reihenfenster tritt
auf, um den Lichtzufluß zu steigern, dadurch verliert die einzelne Öffnung
ihre Bedeutung.
Mag nun das „Gefach", die Mauerfläche zwischen den Hauptbalken
noch weiter durch Streben unterbrochen sein, durch Ziegelmuster oder
bemaltes Putzmauerwerk gefüllt oder, wie es die spätere Renaissancezeit
liebte, ganz unter Holzgetäfel verschwinden, die Architektur des Aufbaues
ist von vornherein gebunden und festgelegt durch das Holzgerüst; die
Füllung der Flächen erscheint als etwas Veränderliches, fast Bewegliches.
Das dadurch bedingte Ausschließen jeder Monumentalität begünstigt wieder
alles, was Wohnlichkeit und Behagen fordert.
Da sind Erker und Ausbauten leicht anzubringen, die vom Erdboden
bis unters Dach reichen oder kühn über Eck vorspringen; da sind Dachreiter
und Giebelvorsprünge leicht dorthin zu setzen, wo das Bedürfnis sie rufen,
ohne daß Symmetrie und strenge Wandgliederung hinderlich wären. Dabei
ist aber niemals von vornherein auf einen unruhigen, bewegten Grundriß
Rolandsxif: in Hildesheim, Renaissancebau (1611)