Orpheus-Schale aus dem Wallxaf-Richartz-Museum in Cöln
dieses Motiv in der Kaiserzeit, als der Orpheus-Kultus in Blüte war, nament-
lich in den beiden ersten Jahrhunderten. Man hat die Vorliebe der Römer
dafür ganz auf den breiten Rücken der Mysterien abladen wollen und ange-
nommen, daß die Theorie der Seelenwanderung, in welcher ja nach ägyp-
tischen Begriffen die Tiere eine große Rolle spielen, zu jener Zeit durch
Einfluß von Alexandrien in den Mysterien erhöhte Bedeutung gewonnen
habe. Es ist aber durch nichts erwiesen, daß die pytagoräische und platonische
Auffassung der Seelenwanderung, nach welcher die abgeschiedene Seele in
langen Zwischenräumen wieder in einen irdischen, aber menschlichen Leib
zurückkehre, in den Mysterien durch die ägyptische verdrängt worden wäre.
Die Vorliebe der Römer findet eine genügende Erklärung in der Leidenschaft
für Tierhetzen und Dressurkünste. Der größte „Dompteur" war ohne Zwei-
fel Orpheus. Neben dem mächtigen Einfiuß der Mysterien auf die Gemüter
verdankt er dieser Eigenschaft seine Volkstümlichkeit in einer nach „panem
et circenses" rufenden Zeit. Der Herr und Religionsstifter wird im Zirkus
heimisch. Sein Mythus wird der Gegenstand eines grausamen Schauspieles.
Darstellungen seiner T ierbändigung sind nicht selten mit Gladiatorenkämpfen
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