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Solowecki-Kloster am Weißen Meer I-Ieiligenbilder malen. Dort sah ihn Großfürst Wladimir
und brachte ihn an die Petersburger Akademie. Er verlegte dann seinen Schwerpunkt nach
Nowaja Semlja, wo er in selbstgezimmerter Blockhütte hauste und das Karische Meer auf
selbstgebauter Yacht befuhr. Der Zar, dem ihn Witte empfohlen hatte, trug die Kosten;
ein „Kap Witte" auf den Landkarten ist der Dank Borissoffs. In Wien sind wir durch
seine Polarbilder an die Julius von Payerschen erinnert, die von Adolf Oberrnüllner so
appetitlich und ateliersauber ausgeführt waren. Seitdem sind mehr als dreißig ]ahre ver-
ilossen und Polarbilder sehen jetzt ganz anders aus. Der Pariser Impressionismus drückt
ihnen seinen Stempel auf. Wie Claude Monet seinen berühmten I-Ieuschober oder die
Kathedrale von Rouen, studierte Borissofi" seine Samojedenhütten bei den verschiedensten
Beleuchtungen und zu allerlei jahres- und Tageszeiten, was immer eine koloristische
Novität daraus macht. An Exotik fehlt es natürlich nicht. Alle Launen des Eises und alle
Lichter der Mitternachtssonne spielen drein, um die Szenerien mehr oder weniger ins
Unwahrscheinliche zu rücken. Im Museum Alexander III. zu Petersburg hängen eine An-
zahl großer Bilder, die diese Natur zusammenfassend wiedergeben. Auf die Reise hat
Borissoff nur kleinere geschickt, unter denen die Studien wegen ihrer Unmittelbarkeit am
meisten interessierten. Es ist „Kodak" darin, und auch das hat seinen Wert.
KLEINE NACHRICHTEN 51b
ERLINER KUNSTCHRONIK. Der Meinungskampf, der sich um die Ver-
öffentlichungen Meier-Gräfes erhoben, die Fehde, bei der auf der einen Seite für
Liebermann und den französischen Impressionismus gestritten und Böcklin entthront, auf
der anderen Seite von Thode in Heidelberg gerade an Böcklin und Thema die Mahnung
„Ehret eure deutschen Meister" erhärtet wird, dieser Meinungskampf findet Spieglung und
Illustration in den gegenwärtigen Ausstellungen. Schulte feiert Böcklin, der neuerstandene
Salon Gurlitt zeigt eine reiche Thema-Folge und in den Cassirerschen Räumen öffnet
sich Claude Monets Reich.
In diesen so verschiedenen künstlerischen Klimaten zu wandeln, ist anregender und
aufschlußreicher als jene Polemiken zu verfolgen. Man lernt unter diesen Bildern, jedes
Temperament nach seinem eigenen Maßstab messen und nicht nach der Tabulatur
einer Partei. „Niemand soll von einer Gerichtsbarkeit belangt werden, unter die er nicht
gehört", sagte August Wilhelm Schlegel von solch befangenen künstlerischen Kanonikern.
Zu revidieren wird es immer geben und Böcklin wird sich viel mehr als Thoma
nach der hochgespannten Schwärmerei der letzten Jahre eine ruhige prüfende Betrachtung
gefallen lassen müssen. Seine phantasievoll erschatfende, naturbelebende, mit Gesichten
voll Leibhaftigkeit gesegnete Persönlichkeit bleibt dabei doch bestehen.
Die Schultesche Gedächtnisausstellung, die voll Stimmung inszeniert ward, bietet
nun freilich aus des Meisters Werk Manches zweiten und mittleren Ranges. Die imposante
Wirkung jener früheren großen Akademieausstellung konnte nicht erreicht werden.
Es ist hier mehr historisch-geschichtliche Übersicht gegeben, Proben des Schaffens
von 1864 bis r888. Dabei viel Varianten von Motiven, die in reicherer und glücklicherer
Ausführung existieren und hier mehr zu kunstphilologischen Studien veranlassen als
künstlerisch unmittelbar wirken.
So gewinnen ein neues Interesse die „Geburt der Venus" und der „Liebesfrühling"
dadurch, weil man sie jetzt in Zusammenhang mit den Schickschen Aufzeichnungen
betrachten kann. Die frühsten Bilder dieser Folge sind Aquarelle aus dem Sommer 1864;
Bildentwürfe waren es, die einem Baseler Kunstfreund zur Auswahl gesendet wurden.
Bei Schick kann man lesen, welche Umarbeitungen mit ihnen vorgenommen wurden; aus
einem Entwurf, den wir hier sehen, ist dann das Petrarca-Bild des Baseler Museums hervor-
gegangen. Aufschlußreiche Betrachtungen zur Genesis und zur Entwicklungsgeschichte