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So locken Ury auch die ge-
heimnisvollen Stunden derFrühe.
Ein solches Bild der ersten jung-
fräulichen Helle gibt er von einem
italienischen See und er trifft dies
unsagbarZarte, dasUnterirdische,
dies sich Lösen aus" Schleier und
Hüllen, das Lebendigwerden, das
Galathee-Erröten und sich Regen
der Natur, die neu geboren wird
an jedem Tage.
Die große ruhevolle Stille der
paysage intime ist in jenem Bild
vom Rheinsberger See, mit den
schwimmenden Wasserrosen, ein
an sich nicht originelles Motiv,
das aber hier durch Duft und
Dunkel seelisch vertieft ist. Und
voll Schweigen, wie ein Hauch,
sind jene Bäume am Ufer, die
graufiorig in Wolken stehen.
Dann aber Hammt dieses
Künstlers Farbenleidenschaft lich-
terloh; ein Feuerwerk-Furioso der
Koloristik prasselt los; die „stärk-
sten von seinen Künsten" läßt er
in den Stimmungen südlicher
Mittagsstunden spielen. Als wolle
er rivalisieren mit den Hammen-
den Pfeilen und den glühenden
Strömen, die die Sonne über die weißen Mauern schüttet, über pralle schattenlose, steinige
Uferwege, die nun von fast unwahrscheinlichen kaleidoskopischen Wellen überspielt
werden, rausch-verwirrend für nordische Augen.
Bilder dieses großen einsamen Künstlers zu sehen, wird dem Empfänglichen immer
Ereignis voll langem Nachschwingen sein.
Erlebnisvoll wird auch die Betrachtung eines Werkes von dem Bildhauer Flaum.
Flaums frühere Skulpturen standen im Bann gewisser erotisch-philosophischer
Dämonien, wie sie literarisch von Przybyschewski und im Bilde von Rops, Munch und
Kubin kultiviert wurden. Motiv war meist das Geschlechtsmysterium in Walpurgisnachts-
gesichten geschaut. _
Aus solchen oft vagen, oft auch grellen Satanismen, die ihren literarischen Ursprung
deutlich an der Stirn und überall trugen, fand Flaum zu einer eigenen tiefen, gedanken-
und gefühlsreichen Menschenwelt in seinem Shakespeare-Haupt. Das ist keine kon-
ventionelle „Klassiker"büste, die mit Anlehnung an zweifelhafte Abbilder den Mann aus
Stratford on Avon in seiner äußeren Erscheinung dem kindlichen Bedürfnis nach sinn-
licher Wahrnehmung unvollkommen nahe bringen will.
Das ist von schau- und gestaltungsstarken Händen geformt ein „imaginäres Porträ ",
ein „Bildnis und Gleichnis" der Vorstellung „Shakespeare": in ein Menschenantlitz
gebannt die ganze Schicksalswelt voll Leidenschaft, voll Affekte, voll Verachtung und
bitterem Gelächter.
Dieser Kopf, der aus einem kühn geschnittenen Fundamente aufwächst, wird nicht
auf den ersten Blick erobert. Er wechselt seine Ziige und überrascht immer wieder; eine
Bauerni-igur, Holzschnitzerei, Bauernfigur, Holzschnitzerei,
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