Figuren, von denen die des Satteldaches
nicht mehr erhalten sind, stellen auf den
älteren Schmalseiten Christus als Rächer
und als Beschützer dar: hier über zwei
mit Krummstäben und Evangeliarien als
Mönche gekennzeichnete Gestalten, die
Kronen des Lebens haltend, dort mit Szepter
und aufgeschlagenem Bibelkodex nach einem
bekannten Psalterworte auf Drachenköpfen
schreitend.
Das Römisch-Imperatorenhafte, das
hier in dem verhältnismäßig gut gefältelten
Pallium sich kundgibt, die strenge Fron-
talität und Symmetrie dieser beiden Schmal-
seiten, die Kreuznimben mit überragenden
Balken, die viel zu dicken Köpfe mit gleich-
mäßig herausziselierten Augenschematen,
und den feinen spiralig endigenden Bart- und
4 Stirnlocken strengster Zeichnung, das an den
Die Lüttich" Stadgsäule Körper gepreßte, mit ondolierenden Falten
bedeckte Gewand und endlich die teilweise
noch der Antike entlehnten, allerdings stark schematisierten Stand- und
Bewegungsmotive müssen auf byzantinische Einüüsse zurückgeführt werden.
Weniger steif sind die zweimal vier Darstellungen der Längsseiten aus der
Legende St. Hadelini, die sich in von Säulen der Übergangszeit mit Blatt-
kapitellen getrennten Feldern befinden. Häufige metrische Inschriften sowohl
auf der Goldblechborte als auf den in Silber getriebenen Bildplatten selbst
sollen die I-Ieiligengeschichte erklären. Ist doch auch hier - wie bei aller
mittelalterlichen Kunst - das Charakteristische der Situation nur durch
Stellung einer gewissen Anzahl ikonographisch fixierter Personen und durch
ganz typische Gebärden ohne jede physiognomische Individualitätsunter-
schiede mit nur wenig differenzierter Kopfhaltung gegeben, obwohl sich hier
- sehr im Gegensatz zu den älteren Teilen des Schreines - ein ent-
schieden bewußtes Streben nach Realität, nicht nach Komposition kundtut.
Dieses Streben zeigt sich vor allem in einem deutlichen asymmetrischen Aus-
biegen aus der Körperachse, in einer Bevorzugung von Dreiviertelprofil-
stellungen der teils fast freiplastisch herausgearbeiteten Gestalten, in den
Gruppenbildungen der Figuren, von denen die über die vorderen hervor-
ragenden hinteren den Raumtiefeneindruck verstärken sollen, und vor allem
in der Landschaft: Während die Fältelung der Gewänder, als weiter von
Byzanz, wie die Schmalseiten entfernt, noch viel schematischer als dort
ausgefallen und allein die neu nach der Natur beobachteten Kleidungsstücke,
wie Schuppenpanzer, Topfhelm, Mantelbordüren, Szepter und Kronen er-
freulicher sind, hat der Künstler in der Landschaft, in der er ebenfalls von