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alte Form? Meinen die
Leute die Form von 1787,
die denn ihre eigene
Art von Echtheit hätte?
Schwerlich. Sie meinen
die Form, an die sie sich
in ihrer Jugend gewöhnt
haben. Also wieder nur
die konventionelle
Theaterform von illusori-
scher Illusion, deren
höchsteBlütederScl-xiller-
Zyklusstil sein kann. Die
Form von 1787 ist auf
der heutigen großen Hof-
bühne nicht denkbar. Und
eine spätere Form kann
gewohnter sein als die
jetzt erfundene, aber auch
nicht besser. Zu entschei-
den ist die Frage heute
nicht.
Dem Versuch wer-
denVersuchefolgenViel-
leicht wird sich eine so
Aus den Villacher Fachkursen 1905. Dreifarbenholzschnitt einleuchtende Form (in-
von Professor Gerstner (Kurs Professor v. Kenner) den, daß sie Dauer erlangt
für einige Zeit. Bis der Geschmack der Menschen wieder eine Umwälzung vollendet hat.
QDERNER TANZ. Auch auf diesem Gebiete meldet sich der Zug zum Stil.
Durch Isadora Duncan hat selbst das große Publikum davon Notiz nehmen müssen,
denn ein Prinzip, das mit nackten Beinen auftritt, kann nicht gut unbeachtet bleiben. In
Kniegamaschen hätte es freilich weniger gemacht. Die moderne Kunst ist die Kunst des
Bewegten. Die sogenannte Empiindungslinie war das Element der englischen Sezession,
eine linear ausgedrückte Bewegung. Ihr gesellte sich auf dem Kontinent der Empündungs-
laut oder Empiindungston der Farbe; das war die Bewegung als farbige Stimmung. Der in
Bewegung geratene Augenblick, also das Verschwindende daran, ist das Lieblingsobjekt
unserer Malerei. Selbst die Plastik kokettiert mit ihm. Niemals sind so viele Tänzerinnen
in Bronze (Carabin u. A.), Marmor und Porzellan (Leonard) gebildet worden. Attitüden,
Momente aus dem Gebärdenspiel, im Flug erhaschte Serpentinen der Serpentinösen.
Loie Fuller allein hat eine ganze Schule gemacht; sie wird dereinst als Genie ausgerufen
werden. Ihr Flammentanz, . . . wer weiß, ob nicht bei den eleusinischen Mysterien die Gott-
heiten in solcher Form vorgetäuscht wurden? Einem damaligen Publikum das reine
Wunder, der buchstäbliche Feuerzauber. Die Alten wußten vom Sinn des Tanzes jeden-
falls mehr als wir, bei denen er zur Leibesiibung, zum Sport und Flirt entartet oder, im
Theater, ein Genre der Akrobatik geworden ist. Der Ballerinentanz hat mit dem Tanz der
klassischen Zeit nicht mehr gemein als der Seiltanz. Darum regt sich nun da und dort
wieder der Sinn für die Melodie der Bewegung, für die Rhythmik der Körpersprache.
Niemals waren die griechischen Vasenbilder aufmerksamer betrachtet als jetzt. Ihre karge
Liniensprache ist erst jetzt allgemein verständlich geworden. Modernste Zeichner
bedienen sich ihrer, um Formeln festzustellen für Träume,um im Schematischen zu phan-
tasieren. Auf der Bühne wird die Pantomime belebt (Severine), die Attitiidenkunst, der