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Volltext: Monatszeitschrift IX (1906 / Heft 2)

Es steht bei allen in dem Dienst einer 
künstlerisch koloristischen Idee. Das Gold 
hat hier immer nur die Funktion, die 
Grundform zu bilden. Das dekorativeWort 
fuhrt das Email und die Steine in sinfoni- 
scher Ergänzung. Einmal schimmelt die 
Fläche solcher Dose in irisierend grünem 
Fluß und darin schwimmen die gelben 
Augen der Topasen. Eine andere ist matt- 
rosa übertlossen und tiefglühend bestrahlt 
von violetten Amethysten. 
Das Pracht- und Wunderstück dieser 
jüngsten Lalique-Ernte ist aber der Hand- 
spiegel aus Bergkristall. 
Aus einem vollen Stück ward er ge- 
schnitten, so daß aus dem flachen Griff 
ein Dreieckfeld in delikatweichen Linien 
mit wellig geschwungenen Seitenrändern 
herauswächst. 
Wo der Stielschaft in das Breitfeld 
übergeht, ist als Signet das Relief eines 
antiken Ebers in den Kristall eingeschnit- 
ten. Die für die Spiegelung bestimmte 
Fläche ist poliert und das Ganze mit einer 
Silberplatte hinterlegt. 
Lalique behandelt diese Rückseite 
nicht weniger liebevoll. Die Silberplatte, 
im Fond glatt, zeigt an den Rändern nar- 
bige, schraffierte Struktur und an der ent- 
sprechenden Stelle kehrt auch der Eber 
wieder, diesmal, auf dem Metall, in Gra- 
vierung. 
lm Künstlerhaus sind zur Zeit die 
Arbeiten eines anderen französischen 
Aus den Villacher Fachkursen 1905. Aufnahme einer Schmuckkünstlers ausgestellt 
Holzschnirzerei m l der k. k. Fachschule . . 
für Holzbearbeililiilgdiar: Wslziillarrhllrlägxirs Professor Keßler) Es [St Galnard; den Tendenzen nach 
Lalique verwandt, liebt er auch die Mate- 
rialmischung, das Malerische, Koloristische. Er verwendet ähnliche Stoffe und stetsist die 
Stimmungseinheit und nicht der hohe Materialwert bei der Wahl der Stoffe maßgebend. 
Auch er macht mit Vorliebe aufragende Zierkämme, l-Iaarreifen, Gürtelschließen. Seine 
Schmuckstücke, die in einer Vitrine auf einem Ahornpostament, mit Ecken in Schmiede- 
eisenornament von Käfergestalt, gefaßt liegen, haben aber doch nicht den schmiegsamen 
Rhythmus der Lalique-Arbeiten. Sie sind oft sehr barock, ja ungefüge. Und wenn man bei 
den Phantasiestücken Laliques an Salome oder die Sept Princesses von Maeterlinck dachte, 
so denkt man hier an die Walküren. 
Eine Bürde, erdrückend und heklemmend, müssen diese mächtigen, zackigen Haar- 
reifensein, eherneKopf- undl-Ialsfesseln scheinen sie. Sie passen zu dem starren, geschnürten 
Prunk vergangenen Zeremoniells besser als zu dem fließenden Chiffon- und Crepe de Chine- 
Stil unserer Tage. Zarter und sehr bestechend unter seinen Gefährten wirkt ein schmaler 
Kamm, auf dessem Blatt ein graziöses Blütenzweigmotiv gestreut ist, von japanischer 
Delikatesse. 
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