mexikanischen Friedhof noch
geistreich erscheinen, das sich
in Form eines Schiffes mit
gewaltigem Segel in mehreren
Stockwerken hoch in die Lüfte
aufbaut. Eine ähnliche Sil-
houette gibt ein Grabmal
Brancas auf dem Friedhof in
Mailand, Welches in einer
Reihe steigender, lose zu-
sammenhängender Gestalten
die Auferstehung versinnlicht.
Eine Figur scheint nach der
anderen jagd zu machen, wo-
bei natürlich die am leichtes-
ten gekleideten denVorsprung
gewinnen. Die aus Wolken
aufgebauten Pestsäulen des
Rokoko sind in diesem bizar-
ren Werke noch weit über-
boten. Überhaupt macht sich
würdelose Effekthascherei
nirgends so breit wie in mo-
dernen italienischen Friedhöfen. Man will mit originellen Einfällen und tech-
nischem Geschick prunken und verliert ganz das Gefühl für die Heiligkeit des
Ortes. Kindische Seiltänzereien wechseln mit plattestem Naturalismus, die
religiösen Formen werden zur Schablone, die mitunter hart an Blasphemie
grenzt, wenn man zum Beispiel Gott Vater auf einem Sarg sitzen und mit den
Füßen in der Luft baumeln läßt, daneben auf einem marmornen Papierblatt das
Bildnis des Verstorbenen in Hochrelief anbringt. Auch bei uns wimmelt es von
Grabmälern, welche mehr den Überlebenden als dem Toten zu Ehren
gesetzt scheinen. Aus der allegorischen Gestalt der Trauer, welche das Bild
des Verstorbenen mit Blumen schmückt, an dessen Grabe betet oder in
wehmütiges Sinnen verloren dasteht, wird die trauernde Witwe, aus den
Engeln die hinterbliebenen Kinder. Neben wirklich feiner Empfindung findet
sich hier noch mehr fade Süßlichkeit und Koketterie mit dem Schmerze.
je leidenschaftlicher und heftiger dessen Ausdruck, desto unwahrer wirkt
er, denn heftiger Schmerz ist eine vorübergehende Erscheinung. Ihm folgt
auf ganz natürlichem Wege Resignation, stilles wehmütiges Gedenken. Ein
Kunstwerk, welches fürjahrhunderte wirken soll, darf nur dieses letztere, den
dauernden Zustand, ausdrücken, sonst überlebt es sich selbst.
Neben den das Andenken des Toten ehrenden, seinen Verlust betrau-
ernden Allegorien sind die Hinweise auf ein Wiedersehen, auf eine Wieder-
auferstehung und andere, mit dem Glauben an die Unsterblichkeit verbundene
p
VIII. Ausstellung der Arts and Crafts Society, London. Bronze-
büstchen von R. Garbe
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