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Volltext: Monatszeitschrift IX (1906 / Heft 3)

die des Todes. Den wenigen lebensvollen 
Reiterdenkmälern des Mittelalters, welche, 
wie die der Scaligeri in Verona, das Kaiser 
Konrads III. in Bamberg, das Ottos I. in 
Magdeburg und einige andere in italieni- 
sehen Kirchen, als Grabskulpturen zu be- 
trachten sind, stehen jene zahllosen anderen 
Grabbildnisse gegenüber, welche den Ver- 
storbenen, wenn auch in vollem Ornat oder 
Waffenschmuck, auf dem Totenbett, liegend 
mit betend gefalteten Händen und geschlos- 
senen Augen darstellen. Die Stellung bleibt 
die gleiche, mag die Gestalt wagrecht auf 
dem Sargdeckel liegen, die Platte wagrecht 
im Boden oder senkrecht in der Kirchen- 
wand eingelassen sein. Viele äußere For- 
men der christlichen Grabskulptur sind der G Römer Grabstein Bremen 
Antike entlehnt. Die Stele, der Sarkophag, ' W',„„F„„„'„, ' 
die Pyramide, der Obelisk, der Altar, selbst 
die Säule, das Tempelchen, der Rundbau mit dem Pinienzapfen als Bekrö- 
nung. Die Katakombenkunst fügte das Arcosolium 
dazu, das als Wand- und Nischengrab in der 
italienischen Frührenaissance zur edelsten Grab- 
form entwickelt wurde. 
Bis zur Barockzeit respektierte man die Ruhe 
des Todes; selbst bei der reichsten Ausstattung 
mit Statuen, Reliefs und architektonischen Zier- 
stücken hielt weihevoller Ernst die üppig spru- 
delnde Erfindungsgabe zurück. Doch schon Michel- 
angelos berühmte Sarkophagiiguren der Mediceer- 
gräber fügen sich nur unwillig dem Zwang der 
Tradition - auch äußerlich, wie sie inhaltlich nur 
schwer mit dem Charakter als Grabiiguren zu 
vereinen sind - und in den Papstgräbern von 
St. Peter in Rom überschreiten sie nicht nur die 
von der Majestät des Todes gebotenen Schranken, 
sondern profanieren nach unseren Begriffen selbst 
den Ernst eines Gotteshauses. Je skeptischer die 
religiösen Anschauungen werden, desto theatra- 
lischerwird ihr künstlerischerAusdruck übertrieben. 
Man glaubt nicht mehr an eine Wiederauferstehung 
und läßt ein Gerippe den Sarg sprengen oder aus 
halbgeöffnetem Deckel den Verstorbenen trium- 
phierend in voller Rüstung, umwallt von Purpur- 
 
 
G. Römer, Grabstein mit Urne
	        
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