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Höfen und Gärtchen zeitweilig
ihre Gäste mit Eigenbauwein
bewirten.
Ebenso unter dem Zeichen
des Weinbaues stehend, sind,
längs der Straßenverbindung
mit Triest bis nahe an Wien
anziehende alte Stadtbilder er-
halten; Gumpoldskirchen, Möd-
ling, Perchtolsdorf sind die be-
kanntesten unter den nächsten;
sie haben besonders in Höfen
mit Arkadenanlagen typische
Bilder von sehr charakteristi-
scher Färbung aufzuweisen.
Im Äußeren hat häufig die Ba-
rockzeit eine gewisse Unifor-
mierung hervorgerufen, die weit
entfernt davon, unkünstlerisch
zu sein, doch beträchtlich ab-
weicht von der unbekümmerten
konstruktiven Ehrlichkeit älte-
rer Perioden. Dem XVIII. Jahr-
hundert ist ja hauptsächlich
jene Fälschung des Frontbildes
zuzuschreiben, die mit blinden Aufbauten wirkt. Der Putzbau und seine freie
Ornamentik entschädigen oft durch frische Einfälle für das, was an der orga-
nischen Berechtigung gesündigt wurde. Er gestattet auch hie und da durch
Färbelung in hellen aber mannigfaltigen Tönen größeren Fronten und Platz-
bildem Leben zu geben.
Verfolgen wir diese Erscheinungen bis in die slawischen Gebiete nördlich
und östlich von der Residenz, so sehen wir die Neigung zur Farbe immer
stärker hervortreten; es ist dies wohl auch ein Vermächtnis des Bauernhauses
und seiner bunten Einrichtung, deren charakteristische althergebrachte
Ornamentik noch für das Bürgerhaus wertvoll bleibt.
Es würde uns hier aber zu weit vom Wege abführen, wenn wir weiter
nach Norden und Osten vordringen wollten. Diese großen und alten östlichen
Kulturgebiete haben vielfach ihre eigene Sprache im Bauwesen geführt. Doch
so nahe sie auch geographisch an die Residenz heranrücken, für die bauliche
Äußerung des Bürgerhauses derselben besitzen sie nicht die maßgebende
Bedeutung der südlichen Traditionen und tatsächlich zieht auch hier die
Donau eine deutliche Grenze.
Es soll vielmehr noch Aufgabe dieser Zeilen sein, an der Hand der bei-
gegebenen Abbildungen jene reizvollen Bildungen näher zu beleuchten, die
Wien, Wohnhaus in der Badgasse
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