in den alten Vorstädten Wiens
ihrer raschen Zerstörung ent-
gegengehen. Wir befinden uns
dabei im natürlichen Anschluß
an die Bautätigkeit der süd-
lichen und westlichen Provin-
zen, so sehr auch der Groß-
stadtehrgeiz diese Verwandt-
schaft zu ignorieren trachtet.
Gar mancher Bau, der in unse-
ren Vorstädten ein vereinsam-
tes Dasein fristet, läßt heute
noch erkennen, wie nahe ver-
wandt der alte Baucharakter
Wiens mit dem heute noch er-
haltenen Typus der Provinz-
städte war. Im großen und
ganzen lassen sich jene zwei
HauptströmungenauchinWien
nachweisen, die wir bereits ge-
kennzeichnet haben. Diemittel-
alterliche Zeit steht mehr mit
dem germanischen Norden, die
Renaissance- und Barockzeit
mehr mit dem romanischen
Süden in Kontakt; das gilt vor allem von der monumentalen Bautätigkeit;
es hat aber in beschränkterern Sinne auch von der bürgerlichen Hausbaukunst
zu gelten, in der zeitweilig diese Strömungen miteinander oder nebenein-
ander einhergingen.
Wir besitzen alte Darstellungen, wie eine Ansicht Wiens vom Jahre
1483 auf dem Babenberger Stammbaum in Klosterneuburg, den Wolmuet-
schen Plan von 1547, den Hufnagelschen Vogelperspektivplan von 1609,
durch welche sehr interessante Einblicke in das alte bürgerliche Bauwesen
möglich sind.
Auch beschreibende Darstellungen von Zeitgenossen, wie die Schilderung
von Aeneas Sylvius Piccolomini (dem späteren Papst Pius II.) aus der Mitte
des XV. Jahrhunderts (1451) oder der Lobspruch des Schulmeisters Wolf-
gang Schmelzel von 1548 haben sich erhalten.
Aus ihnen erfahren wir, daß das Bürgerhaus auch in Wien zumeist nur
über schmale und tiefe Bauplätze verfügte, wie das deutsche, daß nicht
mehr als zwei Stockwerke (Gaden) üblich waren und steile Dächer, die
vielfach nur mit I-Iolz und seltener mit Ziegeln eingedeckt waren, ihre hohe
Giebelseite nach der Straße zukehrten. Die Fenster waren nicht regelmäßig,
sondern nach dem Bedürfnis verteilt und machten oft Erkern Platz. Die
Wien, Haus zum Elephanten (ehemals Kämmerstraße 47)