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Volltext: Monatszeitschrift IX (1906 / Heft 6 und 7)

in den alten Vorstädten Wiens 
ihrer raschen Zerstörung ent- 
gegengehen. Wir befinden uns 
dabei im natürlichen Anschluß 
an die Bautätigkeit der süd- 
lichen und westlichen Provin- 
zen, so sehr auch der Groß- 
stadtehrgeiz diese Verwandt- 
schaft zu ignorieren trachtet. 
Gar mancher Bau, der in unse- 
ren Vorstädten ein vereinsam- 
tes Dasein fristet, läßt heute 
noch erkennen, wie nahe ver- 
wandt der alte Baucharakter 
Wiens mit dem heute noch er- 
haltenen Typus der Provinz- 
städte war. Im großen und 
ganzen lassen sich jene zwei 
HauptströmungenauchinWien 
nachweisen, die wir bereits ge- 
kennzeichnet haben. Diemittel- 
alterliche Zeit steht mehr mit 
dem germanischen Norden, die 
Renaissance- und Barockzeit 
mehr mit dem romanischen 
Süden in Kontakt; das gilt vor allem von der monumentalen Bautätigkeit; 
es hat aber in beschränkterern Sinne auch von der bürgerlichen Hausbaukunst 
zu gelten, in der zeitweilig diese Strömungen miteinander oder nebenein- 
ander einhergingen. 
Wir besitzen alte Darstellungen, wie eine Ansicht Wiens vom Jahre 
1483 auf dem Babenberger Stammbaum in Klosterneuburg, den Wolmuet- 
schen Plan von 1547, den Hufnagelschen Vogelperspektivplan von 1609, 
durch welche sehr interessante Einblicke in das alte bürgerliche Bauwesen 
möglich sind. 
Auch beschreibende Darstellungen von Zeitgenossen, wie die Schilderung 
von Aeneas Sylvius Piccolomini (dem späteren Papst Pius II.) aus der Mitte 
des XV. Jahrhunderts (1451) oder der Lobspruch des Schulmeisters Wolf- 
gang Schmelzel von 1548 haben sich erhalten. 
Aus ihnen erfahren wir, daß das Bürgerhaus auch in Wien zumeist nur 
über schmale und tiefe Bauplätze verfügte, wie das deutsche, daß nicht 
mehr als zwei Stockwerke (Gaden) üblich waren und steile Dächer, die 
vielfach nur mit I-Iolz und seltener mit Ziegeln eingedeckt waren, ihre hohe 
Giebelseite nach der Straße zukehrten. Die Fenster waren nicht regelmäßig, 
sondern nach dem Bedürfnis verteilt und machten oft Erkern Platz. Die 
Wien, Haus zum Elephanten (ehemals Kämmerstraße 47)
	        
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