Zusammenhang der Ent-
wicklung ganz übersehen.
Man darf nicht vergessen,
daß Ausdrücke wie „Point
de France", „Point d'Angle-
terre" zu verschiedenen
Zeiten ganz Verschiedenes
bedeuten können; von letz-
terem Ausdrucke insbeson-
dere, über den übrigens
auch hier noch zu sprechen
sein wird, habe ich bereits
an anderer Stelle? nachge-
wiesen, daß er vielfach in
Brüssel hergestellte Arbei-
ten bezeichnet. Mancher
Ausdruck, den man als
Spitze deutete, hat mit
Spitzen in unserem Sinne
überhaupt nichts zu tun;
der „Point de Saxe" zum
Beispiele, der so oft als
Spitze gerühmt wird, ist,
wie ich gleichfalls bereits
Carlo Dolci, Büßende Magdalena, ummn, Florenz an anderem Qriß" Cfwähnt
(Nach einer Photographie von G. Borgi) habe, Wahrscheinlich eine
außerordentlich feine Batist- oder Musselinstickerei, in der Sachsen im
XVIII. Jahrhunderte besonders glänzte. Andere Beispiele, die zur Vorsicht
mahnen sollen, werden sich im Späteren noch zur Genüge finden.
Die Freude am Namen, die sich in manchem der heute gerade am
meisten verbreiteten Geschichtswerke über die Spitze verrät, erinnert an die
bekannte Erzählung von der Bäuerin, die einem Gespräche über Astronomie
und Astronomen zuhörte, als man eben davon sprach, wie man die Sterne
gefunden hat, wie weit sie sich befinden, wie sie sich bewegen und was der-
gleichen mehr ist. Darauf meinte die Frau: „Das wundert mich alles nicht;
aber daß man weiß, wie die Sterne alle heißen!" Es wäre tatsächlich vielfach
eine Erleichterung für die Wissenschaft, wenn man, wie in der Astronomie
von einem Sterne Alpha oder Gamma, so von einer Spitzenart Alpha oder
Belgique"] Brüssel 1902). von Tina Frauberger („Handbuch der Spitzenkunde") und verschiedene Abschnitte
in Max Heidens „Handwörterbuch der Texülkunde" (Stuttgart m04), in dem auch die weitere Literatur angeführt
ist. Zu den letzten Erscheinungen gehört: Mme. Laurence de Laprade „Le poinct de France et lea centrea-
dentelliers au XVIIQ et au XVIlll siecle" (Paris 1905), ein anscheinend nützliches Werk, dessen Einzelheiten
der Verfasser dieses Aufsatzes bisher aber nur teilweise nachgehen konnte.
' „Kunst und Kunsthandwerk," 1905, Seite 642.
"' „Künstlerische Entwicklung der Weberei und Stickerei", Wien 1904, Seite 304.