MAK

Volltext: Monatszeitschrift IX (1906 / Heft 6 und 7)

Innenraumes charakteri- 
siert das südliche Tirol 
sehr vorteilhaft; zahl- 
reiche Wirtstuben und 
Wohnräume geben ein 
höchst abwechslungs- 
reiches Bild intimer De- 
korationskunst und viele 
Bauern wohnen heute 
dort in Räumen, deren 
sich auch ein Vornehmer 
unserer Großstadt er- 
freuen würde. Der große 
Wohlstand, durch den 
Handelsverkehr und den 
Weinbau hervorgerufen, 
drückt sich in einer ganz 
lokalen, heiteren und da- 
bei künstlerisch eigen- 
artigen Weise aus. Nach 
außen wirken natürlich 
diese Grundrißbildungen 
lebhaft nach. 
Die Erker, oft an die 
Ecke gesetzt und über- 
einander gereiht, geben 
zu schlanken Türmchen 
oder vorwiegend zur Be- 
lebung der großen ruhi- 
gen Putzflächen Veran- 
lassung und eine steilere Dachneigung begünstigte bewegtere Dachformen. 
Auch die Laube oder Arkade, der nordische Bruder der Loggia, fehlt nicht 
bei der Belebung des Straßenbildes, sie hat ja auch für Handel und Ver- 
kehr ihre große Bedeutung, erfährt aber eine charakteristische Verein- 
fachung. Eine besonders lebendige Ausbildung erhielten viele I-Iäuser in den 
Ortschaften St. Michael und St. Paul, zusammen Eppan genannt. Hier hat 
sich das Motiv der Loggia in Verbindung mit Erkern sehr verbreitet und 
in freistehenden Bauten von südlich lebhaftem Gepräge den Ausdruck des 
wohnlichen Behagens geschaffen, der einer lebensfreudigen Zeit entsprang. 
Die sehr zahlreichen Reste von starken Burgen, die überall dort zerstreut 
sind, erinnern an die harten Fehden des Rittertums im Mittelalter, sie 
bilden einen sprechenden Gegensatz zur offenen Bauweise der späteren 
Tage, in denen das Bürgertum immer mehr zur Selbständigkeit heran- 
wuchs. 
Straße in Sterzing, Tirol
	        
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