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Volltext: Monatszeitschrift IX (1906 / Heft 6 und 7)

 
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Seite 4x0 und 411. Der 
Maschintüll ist im XVIII. 
jahrhunderte natürlich noch 
unbekannt; denn die ersten 
wirklichen Tülle mit netz- 
artigem Grunde werden erst 
zu Beginn des XIX. Jahr- 
hundertes in England und 
dann in Frankreich und in 
anderen Ländern hergestellt. 
Aber es ist bezeichnend, daß 
schon die Louis XVI-Zeit, 
Porzellanausstellung in Troppau. Meißener Dose, zirka 1720-1725 wie insbesondere  el-_ 
(Kunstgewerbemuseum in Frankfurt a. M.) wähnten englischen Nacrh 
ahmungen zeigen, auf die getrennte Herstellung des Grundes und Musters 
hinarbeitet und so der Applikation, die zu Beginn des XIX. Jahrhundertes 
vorherrscht, der Durchzugspitze, die in der Empire- und Biedermeierzeit 
besonders beliebt ist, und dem Maschintüll überhaupt verarbeitet." 
Es werden aber auch in dieser Zeit noch immer ganz genähte 
Spitzen hergestellt" man vergleiche das auf Seite 415 abgebildete Stück, 
das zugleich eine sehr weitgehende Abschattierung zeigt. Und daß auch 
diese letzte Zeit des Naturalismus Schönes leisten konnte, zeigen die auf 
Seite 4x2 bis 414 dargestellten herrlichen Spitzen aus dem Besitze der ver- 
ewigten Kaiserin, sowie die auf Seite 4x7 und 4x8 abgebildeten Stücke; ein- 
facher ist das Stück auf Seite 419. 
Um so naturalistische Formen, wie sie einige der beigebrachten Bei- 
spiele zeigen, darstellen zu können, war es aber nicht mehr möglich, an 
den bisher üblichen, immerhin einfacheren Techniken festzuhalten; man 
mußte alle miteinander vermischen: Maschintüll, Näharbeit, Klöppelteile 
werden auf- und ineinandergesetzt und sind in ihren Grenzen mit freiem 
Auge oft kaum zu verfolgen. 
So muß sich auch die Technik auflösen, nachdem sich die Form selbst 
gelöst hat. 
Neben den Leinenspitzen traten im Laufe des XVIII. Jahrhundertes, da 
es sich eben nur um leichte, duftige Gewebe handelte und die Loslösung 
der Spitze von der Unterkleidung vollendet war, auch immer mehr die seidenen 
hervor, die sogenannten Blonden, so genannt, weil man sie ursprünglich aus 
i Ein Kennzeichen der (gewebten) Maschinspitze sind die durchgehenden, in ihrer ursprünglich paralle- 
len Lage meist noch erkennbaren Kettenfäden, die ähnlich wie an den üblichen Gardinen hervortreten. Ganz 
anders werden die bereits (auf Seite 38a, Anmerkung 3) erwähnten Luftstickereien hergestellt. - Zur Ver- 
breitung der Maschinarbeiten im XIX. Jahrhunderte hat jedenfalls der rasche Wechsel der Mode wesentlich 
beigetragen, d: man sich scheut, kostbarere Erzeugnisse immer wieder zu neuen Formen zu zerschneiden; 
früher bedingten die Hauptverwendungaarten (Kragen, Krawatte u. a.) gewisse Formen, die sich länger erhiel- 
ten. Allerdings sind auch die meisten älteren Spitzen nicht mehr in der ursprünglichen Form erhalten, da sie oft 
länger verwendet wurden, als eine Hauptform in Mode blieb. 
"' Brüsseler Spitzen mit Nähgrund heißen im späteren XIX. jahrhundert gewöhnlich „point de gaze".
	        
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