So stellt sich übersichtlich eine jungfranzösische
Malergruppe dar, deren Wesen delikate und raffinierte
Geschmackskultur ist. Dekorative Naturen sind es und
den feinsten Reiz von ihnen wirkt M. Vuillard.
Von ihm sieht man sechs Wandfüllungen, Pan-
neaux in schmalem Langfoririat und breitlaufende Friese.
Sie gehören dem Fürsten Bibesco in Paris und von
ihnen geht ein koloristischer Zauber aus, der nicht leicht
zu beschreiben ist.
Dem Stoff nach sind es Darstellungen von Gärten
an weißen Hausmauern und Interieuren mit blumen-
bestandenen Tischen. Die iigürliche StaiTage ist dabei
nicht vermieden, aber all das Stoffliche ist mit freispie-
lender, ihrer Grazie sicheren Hand in farbige und
ornamentale Werte aufgelöst.
Die Lang-Panneaux haben einen hellflimmernden
Ton, wie von Silberstaub auf Schmetterlingsüügeln.
Man weiß, wie die Japaner Goldpuder für die Flächen
der Paravents verwenden und damit schimmrigen Duft
hervorzaubem, ähnlich wirkt diese Tönung und durch
das Kühl-Silbrige noch exquisiter. Darin spielen nun
gesprenkelt und gestäubt die hellgrünen Linien des Ge-
zweiges, die Kurven der Parkwege, die pikant geschnit-
tenen Konturen der Menschen in einem Zusammenklang
?"'""'_"'"'s_""""5 i" Tmppff" _ voll bestrickender und unerhörter Harmonie.
Meißener Figur einer tanzenden Bauenri, . . . .. .
zirka "so (Kabun 632) Leichter zu beschreiben als diese ungewohnlichen
Etuden sind die Friese. Bei ihnen liegen die anschau-
ungsweckenden Vergleiche näher. Sie erinnern an die satten goldbraunen Töne bemalten
vergoldeten Leders, und die Chrysanthementuffs, die rostrot und schneeigweiß in diesem
dunkelweichen Grunde schwimmen, lassen an den flüssigen Schmelz japanischer Lack-
arbeiten denken.
Pierre Bonnards dekoratives Temperament hat nicht diese Opaleszenz der kolo-
ristischen Phantasie, es sucht die noble Monotonie, die Distinktion von Ton in Ton. Ein
stumpfes Grün liebt er. Auch er machte Wandfillungen. Sie zeigen dieses Grün als Grund-
ton der Fläche und darin eingezeichnet sind Gartenszenen. Auch sie natürlich unstofflich.
Eine ornamentale Gartenkunst ist das, in der die Pilanzenbeete und das Baumgezweig
in nur angedeuteten, wie mit der Graviernadel gezogenen hellen Linien in dem grünen
Grund sich spielend verlieren.
Ein dritter, Maurice Denis, hat ausgeprägte formale Interessen und er neigt zu den
dekorativen Herbheiten der Primitiven. Seine Anbetung und Christus mit den heiligen drei
Königen zeigen diese hieratische Handschrift. Sein Bild des Frühlings mit den streng
ornamental verästeten Zweigen in Grün und Rosa wirkt wie der Entwurf zu einem sakralen
Fenster und die Weinlaube ist wie ein Kultusbild zu einem Tempel festlich hoher Lebens-
freude in ihrem gelben, leuchtenden, aber gar nicht naturalistischen, sondern feierlich
abgedämpften Sonnenlicht, in dem nackte Menschen unter den Rebenstöcken wandeln.
An Peter Behrensche Ideen und Stephan Georges Jahr der Seele denkt man vor diesen
Bildern.
Viel wertvoller aber als diese artistisch dekorative Anregung ist die hier gebotene
Begegnung mit einer erlesenen und charakteristisch vielfältigen Auswahl aus dem Werk
des verstorbenen holländischen Malers Evenepoels. Sein bekanntes Bild, der schwarz-
bärtige Spanier im langen Mantel, frappant in eine Pariser Straße hineingestellt, das auf
der Pariser Ausstellung von igoo die Kenner reizte, ist hier nicht. Dafür fesseln aber