viele andere Stücke und zeigen einen seltenen
Reichtum des Anschauens und der wechselnden
charakteristischen Mittel.
Das lange, schmale, lebensgroße Damenporträt
mit dem delikaten, streitigen, mattblauen Kleid auf
einem Ledertapetenhintergrund hat raffinierten Ge-
schmack und es ist dabei nicht nur dekorativ, sondern
in der Zeichnung des Kopfes wesenhaft und aus-
druckstark.
Frappanten Griff zeigen die Pariser Ausschnitte,
die Cafeszenen mit ihrem fabelhaft gebannten Rhyth-
mus der Menschen und den leidenschaßlich empfun-
denen Farben- und Lichtstimmungen des Raumes
mit den Lampen, den Wolken des Tabakrauches, dem
Bunt der Damenkostürne, dem Schwarz der Herren-
anzüge und dem Weiß der Kellnerdress. Luminöse
Effekte von phosphoreszierendem Schimmer leuchten
über dem Folies-Bergere-Bild.
Ganz anderer Art wieder ist sein Negertanz. Der
wirkt als eine originelle Komposition breitgestrichener
Flächen. Brandig, gelbe Sand- und Steinmauem-
Annosphäre, darin das Grau der sackartigen Gewän-
der, daraus auftauchend die schwarzen Vitzli-putzli-
Masken der Neger.
Und ähnlich, aber buntscheckiger ist die kalei- _
doskopische Impression eines Marktgewühls. Pimmainaussteuung i" Tmppam "ihn"
Finessen koloristischer Feinschmeckerei sind Figur ums tanzenden Baum mka "so
(Kap-Nr. 631)
schließlich die Stilleben. Die Teekannen, die Atelier-
ecke haben einen gern in kömiges Gelb verklingenden Schmelz der Nuancen, daß man
an die farbige Haut edler Poterien erinnert wird.
Gegen diese Kunst treten die anderen belgischen Bilder dieser Ausstellung weit
zurück. Die roten Kartoffelschälerinnen Frederics, an sich vielleicht als Farbeneffekte flott
und frisch, wirken hier, in dieser abgetönten Nachbarschaft, scharf und grell. Eugen
Laerrnanns „Bauem" machen einen geklügelten Kompositionseindruck und Emile Claus'
Lemonnier-Porträt hat etwas Glattes, Konventionelles.
Ein Reich für sich zum Ausleben ward den Neu-Impressionisten zugewiesen.
Im lichten Saal funkelt es nun von den die Wände bedeckenden getupften, punk-
tierten Bildpaletten.
Das war eigentlich kein guter Gedanke, diese Gruppe so in geschlossener Front
vorzuführen. Einmal hat es etwas Pedantisches, etwas von Tendenz-Demonstration, die
dem freien unschemaüschen Wesen der Sezession gar nicht entspricht. Zweitens aber,
und das ist der viel schwerere Einwand, ist diese Art der Vorführung der Pointillierart
durchaus ungünstig.
Die Wirkung der Bilder in solcher Technik besteht bekanntlich darin, daß die in
reiner unverrnischter Farbe auf die Leinwand gesetzten Punkte durch das Auge des
Betrachters in einem optischen Prozeß zum koloristischen Ensemble vereinigt werden und
in der richtigen Distanz allerdings eine große Leuchtkraft erhalten.
In einem solchen Kreuzfeuer der verschiedensten Points-Feuerwerke, die hier das Seh-
organ treffen, gibt es aber nur Verwirrung und auch das gutwilligste Auge hat schließlich
nur ein fatales Flimmergefühl statt des reinen Eindrucks, den vielleicht ein gut gehängtes
Einzelbild in dieser Technik machen könnte. Die Genossen stehen sich hier drangvoll
selbst im Wege und statt auf den lebendigen kommt man auf den toten Punkt.