DIE K. K. MAJOLIKAFABRIK IN HOLITSCH.
Der Kustos Schirek des Mährischen Gewerbemuseums,
dessen Fleiße wir eine Reihe wertvoller Mitteilungen und Auf-
sätze zur mährischen Keramik verdanken, hat die bereits in den
Mitteilungen des Mährischen Gewerbemuseums erschienenen
Studien zur Geschichte der x743 begründeten Holitscher
Fayencefabrik in Buchform abgedruckt, bedeutend erweitert
und illustriert." Das Buch ist vielleicht im Verhältnis zur Materie
etwas breit und weitläufig geworden, gibt aber dafür auf Grund der
Fabriksakten ein instruktives Bild von demBetrieb der kaiserlichen
Fabrik, technisch wie künstlerisch. Eine auf breitester Grundlage
angelegte Geschichte der Erzeugung von Fayence, und später von
Steingut nach englischem Muster eröffnet das Buch, dann folgt
ein Kapitel über das technische und künstlerische Personal, das
uns unter andern den engen Zusammenhang der Holitscher
Fayencen mit denen von Mährisch-Weißkirchen und Proskau
erklärt; wir finden manche der Holitscher Maler auch in den
' Akten der beiden anderen Fabriken erwähnt, wieder andere
:""'"'_M"ß;z";1?""'l1"'_' tauchen in deutschen Manufakturen auf. Wie ihre vornehmere
guvzacelitlefopnazmläeisslxu! Schwester, die kaiserliche Wiener Porzellanfabrik, errichtete die
(Sgmmlung m, A401; 1,15, h, l-Iolitscher Manufaktur auch an zahlreichen Orten Depots und
Magdeburg) Filialen. Auch der Hof hat zahlreiche Bestellungen gemacht, zu
denen zum Beispiel die prächtigen großen Tafelaufsätze gehören,
die im Kunsthistorischen Hofmuseum stehen und zum ersten Male in dieser Zeitschrift ab-
gebildet wurden. Schirek spricht von einem Besuch, den der Großherzog von Toskana im
Jahre 1799 der Fabrik abstattete und wobei derselbe zwei Bestellungen machte, unter
anderen von „Betteljuden mit Karikaturen-Gesichtern und lumpigen Kleidungen". Zwei
derselben erwähnt der Verfasser, die im Budapester Kunstgewerbemuseum stehen, es ist
aber noch die ganze Serie erhalten, die der Großherzog von Toskana bestellte. Sie stehen
in der neben der Silberkammer im Pitti eingerichteten Porzellankammer, wohin sie wohl
direkt aus Holitsch gekommen sein werden. Da sie unbekannt sind, bilde ich sie hier ab. Mit
Rücksicht auf das Material (Steingut) sind sie außerordentlich scharf und charakteristisch
ausgefallen, jedenfalls aber die besten plastischen Arbeiten aus I-Iolitsch. Die Bemalung
ist kräftig, einige Stücke tragen die typische Holitscher Steingutrnarke rückwärts auf dem
Sockel, nämlich eingepreßt „Hollitsch". Außer den drei Handelsjuden und den zwei Weibern
mit Säcken auf dem Rücken sind zwei Rabbiner abgebildet, der eine mit den Gesetzestafeln
vor der Brust, der andere mit dem Gebetbuch unter dem linken Arm und dem Gebetriemen-
beutel vom rechten Arrn herabhängend. Die zwei Rabbiner erinnern unwillkürlich, auch
mit ihren zu großen Köpfen, an den bekannten Frührneißener Rabbiner, den ich nach einem
Exemplar aus der an interessanten Porzellanen aller Manufakturen so überaus reichen
Sammlung des Herrn Dr. Adolf List in Magdeburg abbilde. Diese Männerligur wurde übri-
gens direkt auch in I-lolitscher Fayence kopiert. Herr Dr. Max Strauß in Wien besitzt diese
bemalte Holitscher Figur. Das geöffnete Buch trägt die Aufschrift „Abraham solem". Die
Holitscher Figuren, mit Ausnahme der beiden Rabbiner, sind wohl nach dem Leben
modelliert. Eine verwandte bemalte Figur, gleichfalls aus Steingut, ohne Marke, aber sicher
Holitscher Ursprungs besitzt das Amsterdamer Reichsmuseum; es ist ein Bettler, auf zwei
Krücken gestützt.
Die l-lolitscher Fayencen überraschen durch ihre Vielseitigkeit und Unselbständig-
keit. Man hat dort so ziemlich alle Typen der deutschen und französischen, auch ita-
' Karl Schirek, Die k. k. Majoliknfnbrik in Holitsch. Materialien zu ihrer Geschichte. Mit 2 Tlfeln Chromo-
typien und 35 Abbildungen im Text. Brünn. Verlag des Verfassers.