Wirkung verfehlt und so allmählich die richtige Erkenntnis sich Bahn
gebrochen haben. Diese dritte Art, Murrinen herzustellen, bestand darin,
daß man wie bei Perlen und anderen gläsernen Schmucksachen aus
farbig gemusterten Stabbündeln durch Schnitte in wagrechter, schräger
und senkrechter Richtung Plättchen und Streifen Zuschnitt, diese durch
Erhitzung erweichte und in eine Hohlform zusammenlegte, der sie durch
Blasen angepaßt und dabei gleichzeitig in der Regel durch einen einfarbigen
Überfang im Innern des Gefäßes zusammengehalten wurden. Diese leichtere
und darum viel wohlfeilere Methode konnte aber erst nach der Erfindung
des Glasblasens, also in der Zeit zu Beginn unserer Zeitrechnung einge-
schlagen werden, wodurch dieser außerordentliche Fortschritt in der Glas-
industrie aufs neue seine weittragende Bedeutung offenbarte. Was früher
mühselig und unter vielen Opfern an mißlungenen Exemplaren, die durch
innere, unvorhergesehene Spalten und Risse verdarben, mit dem Schleifrade
herausgearbeitet werden mußte, gelang jetzt ohne sonderliche Mühe. Solche
Arbeiten unterscheiden sich von den_anderen durch Dünnwandigkeit und
leichtere Formen, wenn sie auch lange nicht so fein abgeschliffen und ziseliert
sind und auch in der Tiefe und Glut der Farben, dem feinen Schmelz des
Lüsters den aus der Masse herausgeschliffenen Arbeiten weit nachstehen.
Die Stücke der dritten Art, namentlich flachrunde oder halbkugelige Schalen
mit und ohne Fuß, Becher, Pokale sind sehr häufig und in allen Sammlungen
von Altertümern zu finden, ebenso größere oder kleinere Plättchen, die zu
Einlagen dienten oder als Schmuckstücke gefaßt wurden. Sie sind auch in
rheinischen und französischen Gräbern nicht selten, jedoch nur in solchen
der früheren Kaiserzeit, da von der Mitte des I. Jahrhunderts ab der
Geschmack in der Glasindustrie andere Wege einschlug und namentlich
das in Formen geblasene farblose Glas bevorzugte. Ein schönes Exemplar
fand man sogar weit nach dem Osten Deutschlands versprengt in
Sackrau bei Breslau, an einer der alten nach dem Bernsteinland der
Ostsee führenden Handelsstraße." Auch eine bei I-Iellange im Luxem-
burgischen entdeckte halbkugelige Schale sowie einige Trierer Funde dieser
Art zeichnen sich durch originelle und lebhafte Farbenmusterung aus." Diese
Stücke illustrieren zugleich die beiden verschiedenen Arten der Herstellung.
Während die mit bunten Blümchen dekorierte Schale von Sackrau, also Mille-
fiori im eigentlichen Sinne, aus der Masse durch Schliff herausgearbeitet ist,
erscheint die von Hellange aus vier identischen, durch gekreuzte Streifen
verbundenen Plättchen zusammengesetzt. Derartige Arbeiten konnten Plinius
leicht als Nachahmungen der Murrinen in Glas erscheinen, während er die
aus der Masse herausgeschliffenen schon wegen der an Steinschnitt erin-
nernden Technik für Arbeiten aus Stein hielt. jene unterscheiden sich
gewöhnlich auch leicht durch die Musterung, weil bei der Zusammensetzung
der Fläche aus Plättchen und Streifen oft eine Wiederholung der gleichen
' Vgl. Grempler, DerFund von Sackrau, Breslau 1888. Wir entnehmen dieserAbhandlung dieAbbildungen
Seite 53611540. - " Publications dela Seetion historique de Luxernbourg 1854.Bd. IX. Vgl. Abbildung Seite537.