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Volltext: Monatszeitschrift IX (1906 / Heft 10)

Klarheit zu schaffen, wo man durch ungenaue oder unrichtige Zuweisungen 
Verwirrung angerichtet hat. 
Diatreta im Sinne Winkelmanns, also geschliffene Netzgläser, vermutet 
man auch in den beiden kleinen Bechern, welche Nero angeblich mit 6000 
Sesterzien (gleich 1140 Franken) bezahlte. Bei Plinius heißt es darüber: 
„ . . sedquid refert, Neronis principatu repertu vitri arte quae modicos calices 
duos, quos appellabant petrotos HS VTVenderetJWDerAuSdruCk „petrotos" ist 
sinnlos und offenbar entstellt. Wieseler schlug im Banne der alten Diatreten- 
theorie die Lesarten „pertusos" oder „perforatos" vor, Übersetzungen 
des Griechischen Ewirmrrig, C. Friedrich machte daraus sogar „peritretos".""' 
Ich glaube, daß die Entstellung nicht auf dem Irrtum eines Abschreibers, 
sondern dem eines Setzers beruht und daß eine einfache Umstellung der 
Buchstaben den Sinn wieder herstellt, nämlich pterotos anstatt petrotos. 
Nicht durchbrochene Netzgläser, die zu seiner Zeit noch unbekannt waren, 
kaufte der Kaiser, sondern zwei der auch sonst erwähnten Calices alati, der 
geflügelten Gläser, leichte, zierliche Becher, deren Henkel frei und luftig wie 
Flügel sich entfalteten. Damit fällt die I-Iauptstütze der Ansicht, daß durch- 
brochene Netzgläser schon zu Neros Zeit hergestellt wurden. Eben damit 
hatte man die Stelle bei Martial in Verbindung gebracht, in welcher die 
Diatreta zum ersten Mal genannt werden und Neros durchbrochene Becher 
für Diatreta erklärt. Die Diatreta Martials waren jedenfalls keine Netzgläser, 
sondern mit dem Schleifrade bearbeitete Stücke, sei es nun Murrinen oder, 
was wahrscheinlicher ist, Überfanggläser. Wir haben damit in dem Aus- 
druck „Vasa diatreta" einen alle Arten geschliffene Gläser zusammen- 
fassenden Ausdruck gewonnen. Eine Unterabteilung dieser großen Gruppe 
bilden die Mosaikgläser, die Murrinen mit ihren Abarten, sowie jene kleine 
Gruppe der von Winkelmann ausschließlich mit diesem Namen belegten 
Glanzleistungen der rheinischen Glasindustrie in spätrömischer Zeit, die wir 
bis auf weiteres nun „Geschliffene Netzgläser" nennen wollen. Vielleicht findet 
sich auch für sie in der antiken Literatur noch einmal eine eigene Bezeichnung. 
Nach Vollendung dieses Aufsatzes erhielt ich von Professor Luigi 
Conton in Venedig dessen Bericht über einen Fund römischen Gläser, der im 
Agro Adriese auf der Terra Ferma von Venedig im Winter 1904 auf 1905 
gemacht worden istfi" Er enthielt drei inschriftlich als Arbeiten des berühmten 
Glasmachers Ennion von Sidon bezeichnete Henkelbecher, die in einer Hohl- 
form geblasen sind und zu jenen Gläsern gehören, welche die Veranlassung zu 
der Legende vom hämmerbaren Glase des Tiberius wurden. Außerdem aber 
zwei Paar Schalen aus buntgeflecktem Glase, welche mit einem Ausdrucke 
der modernen venezianischen Glastechnik als „Murrhini" bezeichnet werden. 
Conton bemerkt, daß sie nicht mit den Murrinen des Plinius identisch seien, die 
ja aus einem uns unbekannten orientalischen Edelsteine bestanden haben. 
"' Plinius, 36, x95. - x" Bonner Jahrbuch, Bd. 74, 5- 154 5- _ w" I-"igi Gemen- l Piü insigni monm 
menti di Ennione, recentemente scoperti nel Agro Adriese. Estratto da]? Ateneo Veneto. IXIUO XXIX, vol. II, 
fasc. x (Luglio-Agosto 1906). Venezia, 1906.
	        
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