Bei der Beurteilung einer Vergoldung ist immer zu berücksichtigen, daß es sich häufig
um eine neue Vergoldung handeln kann, die man vor allem dann durchführen ließ, wenn
die alte Vergoldung abenützt und daher kaum mehr sichtbar war.
Als Besonderheit ist die französische Technik des Vermeil (vollständige Vergoldung
eines Gegenstandes) anzusehen.
Beim Färben von Gold spricht man gerne von Gold „ä quatre couleurs“ oder „ä trois
couleurs“; nicht selten sind jedoch noch mehr als vier Farbnuancen festzustellen.
Aus dem Studium der bisher erschienenen Fachliteratur könnte der Eindruck entstehen,
daß die manuellen Dekortechniken des Punzierens, Ziselierens und Gravierens bis zu
Beginn des 19. Jahrhunderts nahezu ausschließlich angewendet wurden; Werkzeug-
und Maschinentechnik werden in den Sammlungs- und Ausstellungskatalogen von
Gold- bzw. Silbergegenständen bestenfalls gestreift, wenn überhaupt erwähnt. Zeitge
nössische Abbildungen des 18. Jahrhunderts, die die maschinelle Fertigung von Edel
metallobjekten zeigen, sind selten (z. B. in der Enzyklopädie von Diderot und d’Alem-
bert enthalten). Technologische Schriften über Metallverarbeitung stammen zumeist
aus dem 19. Jahrhundert und enthalten kaum Darstellungen bestimmter Form- und De
kortechniken in ihrer historischen Entwicklung. So konnte ich z. B. nirgends einen Hin
weis darauf finden, seit wann die Technik des Ränderierens - das Erzielen eines fortlau
fenden Musters mit Hilfe des „Ränderrierrädchens“ - eingesetzt wurde, wenngleich
nicht selten erwähnt wird, daß es sich um eine alte Dekortechnik handelt.
Zu dem unrichtigen Bild, daß die maschinelle Fertigung (Formgebung und Dekorierung)
von Edelmetallobjekten in Österreich erst ab 20er Jahren des 19. Jahrhunderts in Öster
reich einsetzte, trug sicher nicht unwesentlich die Tatsache bei, daß es erst mit einem
Patent von 1820 zu einer umfassenden gesetzlichen Regelung des Privilegienwesens
kam. Damit war auch die Veröffentlichung der Privilegien gewährleistet (bei Erteilung
des Privilegiums in Form einer Kurzangabe in den Jahrbüchern des k. k. polytechni
schen Instituts); nach dem Ablauf des Privilegiums erfolgte eine detaillierte Veröffentli
chung in den ab 1841 in Wien erscheinenden fünfbändigen „Beschreibungen der Erfin
dungen und Verbesserungen, für welche in den kaiserlich = königlichen österreichischen
Staaten Patente ertheilt wurden, und deren Privilegiums=Dauer nun erloschen ist“.
Der erste Band umfaßte die Privilegien der Jahre 1821 bis 1835. Dies bedeutet nun na
türlich keineswegs, daß die Herstellung von Edelmetallgegenständen vor 1820 ohne ma
schinelle Hilfe von statten ging; der Einsatz von entsprechenden Methoden ist nur un
gleich schwieriger nachzuweisen, weil er meist nicht in gedruckter Form vorliegt, son
dern den erhaltenen Archivalien entnommen werden muß.
Bereits im Jahre 1770 (Hofkammerarchiv Wien, Kommerz, rote Nr. 263, 10 ex 1770)
suchte der bürgerliche Goldschmied Christoph Bayermann (Beyermann) um Erlaubnis
„zu Verfertigung einer Strek = und Kraus Walzen “ an, „auf weichen er die Zieraten der zu
machenden Goldenen Tabatieren wie in Frankreich einprägen, oder Walzen will“.
Bayermann wurde die „Anschaffung, und der Gebrauch einer Strek und Kraus = Walzen
zur Gemächlichen Verfertigung der Goldenen Tabatieren“ genehmigt, wenn auch mit ei
nigen Einschränkungen: er mußte diese Maschine im Hauptmünzamte machen, sie an
einem ihm angegebenen Ort aufstellen, sie niemand anderen verwenden lassen und
auch kein Modell davon anfertigen. Laut Votum sei es „erwünschiich, daß sich die hiesi
gen Arbeiter bewerten dergleichen Maschinen, welche den Arbeitslohn verringern, und
folglich denen Waaren einen mehrern absatz verschaffen, sich beyschaffen, und es wird
nicht schwer seyn, da man sie nur bekannten Männer anvertrauet, dem unerlaubten Ge
brauch zuvorzukomen. “
Auch dem Ansuchen des Goldgalanteriearbeiters Colas um „Nachsicht“ der Mautge
bühren für zwei Drehmaschinen stand man wohlwollend gegenüber (Hofkammerarchiv
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