KÜNSTLERISCHE NOTENTITEL s:-
VON JEAN LOUBIER-BERLIN s:-
ER Beobachter, der mit kunstkritischem Auge die
Schaufensterauslagen der Musikalienhändler mit
denen der Buchhändler vergleicht, wird glaube
ich, sehr bald erkennen, daß die Musikalienver-
leger mit ihren Kollegen vom Buchverlag in der
künstlerischen äußeren Ausstattung ihrerVerlags-
werke nicht gleichen Schritt gehalten haben,
sondern erheblich gegen sie zurückgebliebensind.
Für die künstlerische Gestaltung des Buchum-
schlags und des Verlegereinbands ist innerhalb
der letzten zehn ]ahre in den deutschen Landen
eine ganze Schaar von Künstlern tätig gewesen. Zu den Entwürfen von
Künstlerhand gesellen sich die mit künstlerischem Geschmack rein
typographisch ausgeführten Buchumschläge. Auch die Anfertigung der
Papiere für die Buchumschläge ist auf Anregung der Künstler sowohl in der
Struktur wie in der Farbe neu belebt worden. Wir freuen uns des weiteren
neuer interessanter, von Künstlern entworfener Buntpapiere, womit dieser
oder jener deutsche Verleger seine Broschüren hat überziehen lassen, und
ebenso der neuen, durch Farbe und Bindungsmuster bemerkenswerten
Leinenstoffe für die Verlegereinbände.
Wie siehts nun dagegen bei unseren Musikalien aus? Ein kleines
Häuflein künstlerischer Notentitel bringen wir wohl zusammen, die große
Mehrheit aber ist noch immer geschmacklos und banal. Schon die Schrift
auf den Notentiteln (besondere Umschläge bekommen die Notenhefte nur
selten) ist mit wenigen Ausnahmen herzlich schlecht vom Lithographen
geschrieben. Das Titelblatt zeigt noch heute fast durchgehends ein Gemisch
aus den verschiedensten Schriftarten, und von einer künstlerischen Anordnung
der Schriftzeilen zu einer geschlossenen Gesamtwirkung ist nichts zu ver-
spüren. Während wir beim Buchtitel und -Umschlag in der Verwendung
künstlerischer Schriften, in der Einheitlichkeit der Schrift und in der dekora-
tiven Anordnung der Zeilen in dem letzten Jahrzehnt erfreulich vorwärts
gekommen sind, steht die Schrift auf den Notentiteln noch auf dem Stand-
punkt des Ungeschmacks, den unser Buchdruck im großen Ganzen über-
wunden hat.
Und wie stehts mit dem bildlichen Schmuck des Notentitels? Wir sehen
immer wieder abgedroschene Musikembleme, konventionell gezeichnete
allegorische Gestalten mit Leier und Flöte und in großer Zahl Porträts von
Sängern, Sängerinnen, Klaviervirtuosen, zu deren festem Repertoire die
Musikstücke gehören, oft nach Photographien schlecht und recht auf den
Stein übertragen. Wir sehen allerhand Bilder in Schwarz- und Buntdruck,
die freilich den beabsichtigten Zweck, uns in die Augen zu fallen erfüllen,