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Volltext: Monatszeitschrift IX (1906 / Heft 10)

die aber anzuschauen durchaus kein 
künstlerischer Genuß ist. Auch die be- 
kannten Umschläge unserer populären 
großen Editionen auf grünem, rosen- 
rotem und gelbem Papier mit gar be- 
scheidenen Omamentbordüren kann 
man nicht gerade künstlerisch bemer- 
kenswert nennen. Mit den Einbänden 
der Partituren, Klavierauszüge, Sona- 
tenbände und Liederalbums ist es in- 
sofern besser bestellt, als sich neuer- 
dings die Tendenz geltend macht, den 
T itelaufdruck auf den Vorderdeckeln 
(warum in aller Welt wird der Titel 
nicht auch wie bei den Büchern auf 
den Rücken gedruckt?) einfacher und 
dadurch geschmackvoller zu gestalten 
und allzu vieles Ornament in Gold- 
pressung wegzulassen. Freilich ist 
auch hier mit den beliebten Umrah- 
mungen aus stark bewegten Jugend" Notentitel von Adolf von Menzzl 
stillinien, die sich die Musterzeichner 
als modernen Stil zurecht gemacht haben, künstlerisch noch nichts gewonnen. 
Unsere gute deutsche Musik verdient es wirklich, ein besseres, 
künstlerisch ebenbürtigeres Gewand zu bekommen; das ist meines Erachtens 
für den deutschen Musikverlag eine Ehrensache. Eine Reform ist hier an 
der Zeit, und zwar eine durchgreifende Reform, die sich nicht nur auf das 
Äußere unserer Musikalien, sondern auch auf das Innere, auf die Noten er- 
strecken muß. Die heutige Notenschrift ist wohl klar, leserlich, über- 
sichtlich und technisch vortrefflich ausgeführt, aber ob der Technik ist, 
genau ebenso wie es bei unserer Druckschrift der Fall war, die künstlerische 
Form vernachlässigt worden. 
Die Notenschrift der älteren Zeit steht künstlerisch sehr viel höher als die 
technisch so sehr verfeinerte Notenschrift unserer Zeit. Man sehe sich zum 
Vergleich einmal die Missalbücher des XV. Jahrhunderts an, oder die 
Choralbücher des XVI. und XVII. Jahrhunderts oder die Notenhefte des 
XVIII. Jahrhunderts. Wie könnte ein Künstler aus dem Studium der alten 
Notenschriften heraus unseren in seiner Korrektheit so nüchternen heutigen 
Notenstich künstlerisch reformieren und neu beleben! Aber ein Künstler 
müßte es eben sein! Hoffentlich kommen wir bald dazu, denn daß wir dazu 
kommen werden, ist bei dem gegenwärtigen erfreulichen Bestreben, alles 
künstlerisch zu durchdringen, nicht zu bezweifeln. Besonderen Dank würde 
sich der Musikverleger verdienen, der als erster einem Künstler den Auftrag 
zu einer neuen künstlerischen Notenschrift gäbe. Das erste gute Beispiel 
 
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