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Eine Annahme, die immerhin durch den
Umstand, daß der in dieser Zeitschrift,
VII. Jahrgang S. 83, abgebildete Hostien-
behälter der Sammlung Dr. Figdor eine dem
unserigen vollständig gleiche Behandlung
erfahren hat, sehr an Wahrscheinlichkeit
gewinnt. Auch an diesem Zinngefaß wurde
der obere Abschluß, wohl. auch ein Knauf,
vor seiner Verwendung als Reliquienkapsel
entfernt.
Ich glaube daher annehmen zu dürfen,
daIJZinngefäBe alsHostienbehälter, nament-
lich bei Versehgängen, häufiger im Ge-
brauch waren als man bisher vermutete,
und daß einige davon gelegentlich solcher
Altareinweihungen ebenso zurVerwendung
gekommen sind, wie die verschiedenen
Glas-, Ton- und sonstigen Metallgefaße, von
denen uns eine größere Anzahl aus dem
XIIL, XIV. und XV. Jahrhundert überliefert
worden sind. Mit besonderer Deutlichkeit wird auf den Zweck als Hostienbehälter durch
die Darstellung auf einem Zinngefaß hingewiesen, das ich vor einigen Tagen im Diözesan-
museum zu Brixen gesehen habe. An diesem Hostienbehälter befinden sich nämlich in den
sechs Feldern des Gefäßkörpers je zwei auf Weizen und Wein Bezug nehmende Relief-
Figuren. Dieses Gefäß ist ebenfalls sechsseitig und dem unseren sehr ähnlich gegliedert.
Nach der Mitteilung des Dombenefiziaten Johann Ev. Walchegger kam es erst aus dritter
Hand in das Diözesanmuseum und soll aus der Kirche in Ospitale im Ampezzotal von einem
Altar herrühren, der um 1250 seine Weihe erhalten hat.
Wenn wir uns nun vergegenwärtigen, daß diese Zinngefäße aus Formen gegossen
worden sind, daher leicht in größerer Anzahl hergestellt werden konnten, sowie daß bei
den drei uns nun bekannten, wohl sehr verwandten, aber weder in den Dimensionen noch
in den ornamentalen und l-iguralen Darstellungen übereinstimmenden Stücken ihre Herkunft
aus verschiedenen Gußformen zweifellos ist, so liegt der Schluß wohl nahe, daß wir es hier
mit einem nicht ungewöhnlichen Gebrauchsgegenstand unserer Kirchen zu tun haben,
dessen Verwendung sowohl zeitlich als auch räumlich auseinander liegt. Was nun unser
Gefäß im besonderen anbelangt, so läßt sich auf die Frage nach dem Ursprungsort heute
kaum eine jeden Zweifel ausschließende Antwort geben. Doch darf wohl bei dem Um-
stand, daß es hauptsächlich deutsche Wappen sind, mit denen es geziert ist, mit ziemlicher
Wahrscheinlichkeit vermutet werden, daß es ein Werk deutschen Kunstileißes ist. Abge-
sehen von diesem äußeren Moment bin ich auch in Hinblick auf die Art der Forrnen-
gebung bei genauer Vergleichung mit den gleichzeitigen Zinnfunden in der Seine und mit
dem Salzfaß des Musee de Cluny zu der Ansicht gelangt, daß unser Zinngefäß deutschen
Ursprunges sein und wahrscheinlich einer Nürnberger Werkstätte entstammen dürfte.
Karl Lacher
ANNALEN DES GEWERBEFÖRDERUNGSDIENSTES DES K. K.
I-IANDELSMINISTERIUMS. Unter diesem Titel Ställen sechsmal jährlich Ver-
öffentlichungen im Umfang von vier Druckbogen erscheinen (im Verlag von Otto Maaß'
Söhne in Wien), mit dem Zweck, die Kenntnis des österreichischen Gewerbeförderungs-
wesens bei den Gewerbetreibenden selbst und in der Öffentlichkeit zu verbreiten und zu
vertiefen, die Tätigkeit der einzelnen österreichischen Gewerbeförderungsanstalten einheit-
lich zu gestalten und das einträchtige Zusammenwirken dieser Anstalten herbeizuführen,
Hostienbehälter im Kulturhistorischen und Kunst-
gewerbemuseum zu Graz