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Full text: Monatszeitschrift IX (1906 / Heft 11)

 
Variante zum Plane der k. k. Hofburg von Jadoz, gegen 1,1, der natürlichen Größe 
ist der Wiener Bau nämlich doch und damit ist er eben ein Wiener Bau ge- 
worden. Mit der Louvre-Fassade hatte Perrault, der ebensowenig ein Berufs- 
architekt war, wie etwa Michelangelo, aber ein Mann von großem 
Raum- und Formensinne, ein Mann von feinem Gefühle für die Forderungen 
der Zeit, ein Werk geschaffen, das wirklich dem Streben einer ganzen 
Periode Ausdruck zu geben verstand und das daher auch durch Geschlechter 
als mustergültiges Vorbild angesehen wurde und als solches weiter wirkte. 
Man brauchte sich der Abhängigkeit im einzelnen Falle dabei gar nicht 
bewußt zu werden; vor allem brauchte die Ursache der Abhängigkeit nicht 
oder nur zu geringerem Teile im Künstler selbst zu liegen. Wir übersehen bei 
der Beurteilung der alten Bauwerke meistens eine der wichtigsten mit- 
bestimmenden Tatsachen: den Willen des Bauherrn. 
Für den kaiserlichen Bauherrn lag es begreiflicherweise sehr nahe, in 
Wien ein Gegenstück zum Pariser Herrscherpalaste zu schaffen, ähnlich wie 
ja Schönbrunn gewiß unter dem EinFlusse, wenn auch keineswegs als 
sklavische Nachahmung Versailles entstand. 
Es ist ein großes Verdienst des Künstlers und auch des Bauherrn, wenn 
man in den beiden Fällen noch so selbständig zu bleiben vermochte, als es 
tatsächlich der Fall war. 
Ein gewisser Grad der Anlehnung ist in solchem Falle überhaupt kein 
Zeichen von Schwäche, sondern etwas selbstverständliches. Es handelt sich 
um das Befolgen von Typen, die sich im Zusammenhange mit großen Kultur- 
erscheinungen - hier dem neuen Herrscherbegriffe - entwickelt haben.
	        
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