rungen an der Kuppel selbst, zum Beispiele das Anbringen einer zweiten
Fensterreihe im Dache, sind da bemerkenswert.
Entscheidend in gewissem Sinne für die Burgfassade mag das Dach
des ganz neu-französisch wirkenden früheren Althan-Palais auf der Wieden
gewesen sein (Abbildung auf Seite 632). Dieser Bau ist sicher vor 1732 aus-
geführt, da er bereits auf dem Titelblatte des in diesem Jahre erschienenen
Teiles von Kleiners Werk abgebildet ist, ein Umstand, der übrigens auch be-
weist, daß der Bau zu den wichtigsten des Zeitabschnittes gerechnet wurde."
Wir müssen uns nun erinnern, daß Gundacker Graf Althan oberster
Leiter des kaiserlichen Hofbauamtes war; dann werden wir die Rückwirkung
auf den Burgbau um so eher verstehen.
Oft wirkt in der Kunst ja das kleinere Werk, an dem sich eine Form
bewährt hat, auf das Größere; oft schon deshalb, weil das Kleinere früher
fertig wird, als das wenn auch früher begonnene Große. So hat auch der Gesü
in Rom den Bau der Peterskirche beeinflußt.
Bemerkenswert ist es jedenfalls, daß die früher vollendete innere
Fassade der Reichskanzlei auf Dachwirkung verzichtet, die sicher später aus-
geführte, und auch unvollendet gebliebene äußere aber wieder zur reicheren
Dachform zurückkehrt; allerdings geschieht dies in einer Weise, die keines-
Wegs mit I-Iildebrandtschen Ideen für das Dach etwa identisch ist.
In den Kuppeln der Burg (wir sprechen zunächst nur von den Eck-
kuppeln) sind aber gewissermaßen auch die Türme der alten Schlösser
wiedererstanden. Daß dies wirklich die Herkunft ähnlicher Formen ist, kann
man schon an den alten Louvre-Pavillons erkennen, aber auch an den
späteren etwa in dem Entwurfe Lemerciers (Abbildung auf Seite 621). Und
daß solche Formen sogar buchstäblich an die Stelle alter Türme treten,
zeigt etwa die Innsbrucker kaiserliche Burg, die bei dem Umbaue von 1765
bis 1773 an den Ecken zwei der Reitschulkuppel verwandte Dachbauten
erhielt; die eine dieser Kuppeln, nächst der Hofkirche, ist nun tatsächlich
an der Stelle eines damals noch vorhandenen reizvollen Renaissanceturmes
aufgeführt worden.
Ähnliche, wenn auch nicht so reiche Formen, finden sich an zahl-
reichen deutschen, aber auch an französischen Kirchen- und besonders
Schloßtürmen von der Renaissance an; im letzten Grunde gehen die Formen
bis in die Spätgotik zurück. "h" In Wien wäre vor allem natürlich das
Belvedere hervorzuheben, das in dem Kleinerschen Stiche (IV. 23) übrigens
mit ähnlichen Gehängen geschmückt erscheint, wie die Reitschulkuppel.
Auch wäre die „MansardenkuppeF in Hildebrandts Entwurf (Abbildung auf
Seite 616) hier in Erinnerung zu bringen.
i Allerdings wirkt der Dachbau des Althan-Palais nur von der einen Seite aus der Reitschulkuppel so
ähnlich; doch genügt dies ja auch, um von einer Art Generalprobe der Form sprechen zu können. Zu vergleichen
wäre auch das Turrndach der Leopoldskirche in Wien (1724).
i" Zahllose ältere Beispiele in den verschiedenen Ansichten bei Kleiner. Von französischen Zeltkuppeln
hebe ich etwa die am Scblosse zu Chantilly oder Ecouen hervor. (Vergleiche Henry Havard, „La France
artistique et monumentale". Paris s. 2., IV. Seite x13 E. und V. Seite 65 H.)