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INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG
Nr. 4
Neuzeitliche Sammelgebiete der Philatelie.
Von Reinold Götz (Hamburg).
Vor dem Krieg gab es, von einigen wenigen Aus
nahmen abgesehen, Generalsammler und Spezial
sammler von Briefmarken, eine kleine Zahl von
Interessenten der Poststempelkvmde und einige
ganz wenige, die dem im vorigen Jahrhundert so be
liebten Gebiet der Ganzsachen treu geblieben waren.
Dieses Bild hat sich nun nach dem Kriege und
besonders in den letzten Jahren gründlich geändert.
Das Generalsammeln ist dank der unendlichen: Fülle
von NeuausgaSen fast völlig in den Hintergrund ge
treten und allenthalben wird spezialisiert. Ein großer
Teil der Philatelisten hat aber der Briefmarke teils
oder gänzlich den Rücken gekehrt und sich neue
Bahnen in der Philatelie für seine Sammelliebhaberei
geschaffen. Da hat nun besonders der Post
stempel einer ganzen Reihe von Philatelisten
ein neues Betätigungsfeld für Forschungen und Spe
zialsammlungen geboten und wir können heute di
verse Sammlergruppen unterscheiden, die sich alle
auf dem großen Gebiet der Abstempelungen
schöpferisch im Zusammentragen von Spezialsamm
lungen betätigen. Es gibt heute Spezialsammler von:
Feldpost-, Bahnpost-, Schiffspost-, Luftpost-, Bar-
frankierungs-, Firmenfrei-, Werbe-, Gelegenheits
und Landpost-Stempeln, und wenn wir auch noch
kleinere Gruppen, wie Gebührenablösungsstempel
(Frei durch Ablösung) etc, nennen wollen, können
wir diese Reihe beliebig fortsetzen. — Alle diese
Sammler sind der Briefmarke an und für sich untreu
geworden und dient dieselbe ihnen höchstens noch
als Mittel zum Zweck. Mit Ausnahme der Luftpost
sammler, welche die speziellen Ausgaben an Flug
postmarken meist neben den Abstempelungen be
rücksichtigen, hat sich das Hauptinteresse der
Sammler von den oben erwähnten übrigen Spezial
gebieten ausschließlich dem Poststempel zugewandt.
Es ist mm sehr interessant zu beobachten, nach wie
vielseitigen Gesichtspunkten sich die gleiche Spezial
sammlung, sagen wir einmal über das Gebiet der
Freistempel zum Beispiel, ausbauen läßt. Gerade
bei den Abstempelungen ist der Sammler ja nicht an
eine fest vorgeschriebene Reihenfolge wie bei den
Briefmarken gebunden und kann ganz seinen eigenen
Ideen und seinem Geschmack vollen Spielraum
lassen. Gerade dieses wird es wohl auch sein, wes
halb sich mehr und mehr Sammler mit den Gebieten
der Poststempelkunde beschäftigen.
Aber auch das alte Gebiet des Ganzsachen
sammelns, das schon oft totgesagt wurde, ist lang
sam wieder im Kommen begriffen. Meist konzen
triert sich jedoch hierbei das Interesse auf die wirk
lich recht ansprechend ausgeführten B i 1 d p ost
karten, welche in den letzten Jahren fast von
allen mitteleuropäischen Staaten ausgegeben wur
den.
Es gibt noch eine ganze Reihe weiterer neuzeit
licher Sammelgebiete, so zum Beispiel werden in
Nordamerika die Vorausentwertungen, „Precan-
cels“ genannt, sehr viel gesammelt etc. Es würde
jedoch zu weit führen, alle die mehr oder weniger
verbreiteten übrigen Spezialgebiete aufzuzählen und
wollen wir es daher bei den vorerwähnten belassen.
Es ist natürlich klar, daß besonders die älteren
Sammler, die Jahrzehnte lang sich nur mit Briefmar
ken beschäftigt haben, all diesen modernen Gebieten
mit Mißtrauen begegnen. Dieses ist aber gänzlich
unberechtigt, denn schon viele Ausstellungen haben
in den letzten Jahren bewiesen, daß alle die ange
führten Gebiete recht gut vor den kritischen Augen
der Jurie bestanden und manche goldene Medaille
haben die Sammler von Abstempelungen mit Stolz
nach Hause tragen können.
Die Gleichberechtigung der neuzeitlichen Sam
melgebiete mit denen aus früheren Zeiten gewinnt
immer mehr , an Boden und es wäre nur von Vorteil
für die ganze Philatelie, wenn sich die Anhänger
jeder Richtung gegenseitig die gebührende Aner
kennung zollen würden, wodurch Reibereien inner
halb der Kreise unserer Sammelbewegung vermieden
würden.
Chronik.
AUTOGRAPHEN
(Auktion im Dorotheum.) Bei der am 22, Jänner in der
Bücherabteilung des Dorotheums abgehaltenen Autographen
versteigerung wurden folgende Preise erzielt (in Schillingj:
142 Bürger, Br. lh S 35
143 Derselbe 35
145 K. Dreher, Die Schußzeit 20
146 Fichte, Br. 1 S. 35
147 F o u q u e, Br. 314 S 13
148 Karl Ad. Friese, Liedertextbuch 17
149 G e i b e 1, 12zeil. Gedicht „Dante" . . 14
151 Gottsched, Br, 3 S 55
152 Guericke, Br. 114 S 51
153 H e r i e r, Br. IS 35
154 Iffland, Br. 14 S 20
162 S c h e 11 i n g, Br. 114 S 22
163 Aug. W. v. Schlegel, Br. 3 S 16
165 Spohr, Br. 3 S .... 18
166 Heinr. Fr. K. v. S t e i n, Br. 4 S 40
169 Joh. Strauß Sohn, Notizbuch 25
170 Josef Strauß, Br. und Billett ' . . . . 15
171 Ders., Entwurf zu seinem Drama „Kober“ 65
172 Ders., Eigenh. Gedichte 35
173 Ders., Geschäftsbuch 55
174 Desgl 45
175 Ders., Notizbuch 15
177 9 Photographien von Josef Strauß 22
178 Jos. Strauß, Reisepaß 16
179 Ders., Zwei Notizbücher 16
180 Karoline Strauß, vereh. Aigner, eigenh. geschr. Er
innerung an die F'amilie Strauß 22
181 Ti eck, Br. 214 S 35
182 Varnhagen v. Ense, Br. 5 S 10
183 Joh. Heinr. V o ß, Br. l l A S 10
BIBLIOPHILIE.
(Jubiläum der Berliner Universitätsbibliothek.) Die Ber
liner Universitätsbibliothek kann auf ihre hundertjährige er
folgreiche Tätigkeit im Dienste der Wissenschaft zurück
blicken. Am 20. Februar 1831 wurde sie durch eine Kabinetts
order Friedrich Wilhelms III. ins Leben gerufen, um
der unerwartet schnellen Entwicklung der Berliner Universität,
die damals ja nur 21 Jahre älter war, gerecht zu werden. In
diesen hundert Jahren ist sie aus den kleinsten Anfängen
heraus zu einem der größten und bedeutendsten Institute auf
diesem Gebiete in Deutschland geworden. Die Bibliothek
zählt heute 800.000 Bände, die sich in über 400.000 Buch-
bmderbände und 4 00.000 Universität«- und Schulschriften
gliedern. Ein alphabetischer Bandkatalog mit 1233 Folio
banden, der in einen Autoren- and Anonymenkatalog eingz-
teilt ist, erleichtert die Benützung derselben.
w ' Unbekannte s von Johann Christian .Günther.) Bei der
Vorbereitung der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft
und dem Stuttgarter Literarischen Verein geförderten histo
risch-kritischen Ausgabe der Werke Johann Christian Gün
thers hat der Herausgeber unbekanntes Material
aulgetunden, das die von der literarhistorischen Legende ver-