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immer noch neue Projekte entstanden. Später war der Faden der Über-
lieferung jedoch abgerissen und ein ganz anderes - rein klassizistisches
- Kunstfühlen an die Stelle des alten getreten.
Wir dürfen daher in unserer geschichtlichen Übersicht hier wohl halt
machen. "'
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Nur ganz rasch sei ein Blick auf einige spätere Arbeiten geworfen."
In der k. u. k. Familientideikommiß-Bibliothek finden sich zwei stark
klassizistische Entwürfe von Joh. Ferd. Hetzendorf von Hohenberg, dem
Erbauer der schönen Gloriette in Schönbrunn; offenbar ist ihm auch ein
zweiter Entwurf in der Hofbibliothek zuzuschreiben undvielleichthängtnoch
ein weiterer, der wieder in der k. und k. FideikommiB-Bibliothek verwahrt
wird, mit ihm zusammen. Nach den mehrfach an dem Bau angebrachten
Initialen gehört dieser Entwurf sicher erst in die Zeit Kaiser Leopolds II.
(1790 bis 1792). Es sind diese Entwürfe in Hohenbergs Art die ersten be-
kannten Zeichnungen eines Künstlers, die den Bau mit drei Kuppeln, nämlich
zwei Eckkuppeln und einer größeren in der Mitte, darstellen. (Abbildung auf
Seite 638.)
Die späte Zeit sah eben die alten Reste und wollte ihnen allen gleiches
Recht werden lassen; so kam das Mittelrund, das von anderen Bau-
künstlern inzwischen überhaupt schon aufgegeben worden war, dessen Reste,
aber aus einer überwundenen Bauperiode noch dastanden, zu seiner
mächtigen Krönung.
Allerdings haben sich auch aus der klassizistischen Zeit noch Entwürfe
ohne Mittelkuppel erhalten; so eine, übrigens sehr stümperhafte, Arbeit eines
gewissen Gfalli" aus dem Jahre 1796 (gleichfalls in der k. u. k. Familien-
fideikommiß-Bibliothek) oder eine der beiden, die in der„Wiener Bauhütte"
(Band XVIII, Blatt 1-4) abgebildet sind und die schon Bayer-i als Schüler-
übungen, und zwar als Übungen zweier verschiedener Schüler, erkannt hat.
" Der Hofarchitekt Johann Aman war in den Jahre 1806 bis etwa 1827 mit Plänen für einen vom Kaiser
Franz beabsichtigten Umbau oder Ausbau der Burg beschäftigt. Um seinen Arbeiten sozusagen eine ge-
schichtlich gesicherte Unterlage zu bieten, versuchte er eine Übersicht über die ältere Baugeschichte der Hof-
burg zu geben und stattete sie mit einer großen Anzahl von Grundrissen und Aufrissen aus; die Arbeit befindet
sich heute in der k. u. k. Familienftdeikommiß-Bibliothek. Die Aufrisse betreffen allerdings nur den mittel-
alterlichen Zustand; für die Barockzeit sind nur Grundrisse gegeben und leider reicht der heute noch erhaltene
Text auch nicht bis in diese Zeit. Es wire möglich, daß Aman noch ältere Zeichnungen zur Verfügung standen,
die uns heute verloren gegangen sind.
Der auf die Zeit Karls VI. bezügliche Plan zeigt auch bereits 5 Fenster in den Rilcklagen, aber zwischen
ihnen immer nur einen Pilaster; das Tor kann nicht in das erste Stockwerk übergreifen, da hier vorne ein un-
unterbrochener gangartiger Raum angegeben ist; eine Rotunde ist noch vorhanden, braucht aber natürlich keine
Kuppel zu tragen. Ob dieser Plan je so existierte oder einer Kombination Amans seine Entstehung verdankt,
vermag ich einstweilen nicht zu entscheiden.
Für die Zeit Maria Theresias und Josephs II. ist einer der Pläne Jadots (mit freier Säulenhalle) angegeben
und die Jahreszahl 1745 dazugesetzt, was ganz gut richtig sein kann.
"' Über einen Plan, den der Maler und Architekt Anton Gfall (r7x5-x77o) anfertigte und der bei Realis
sehr gerilhrnt wird, vermag ich weiter nichts zu sagen.
H" Aber nicht des eben in der Anmerkung genannten.
1- "Neue Freie Presse" 13. Juni 188g.