Die Schauer der
Dunkelheit wallen -'
auf und ab und
zwischen den ge-
spenstischen „In-
truses" schwankt
die schlotternde
Gestalt des Über-
fallenen im Hemd,
und das helle Lin-
nen und die Blöße
inmitten der Fin-
stemis-Gewaltsam-
keit ist wie ein
geller Todesschrei.
Wie in diesen
beiden Bildern ein
Kriminalstoff in
eine sonambule
Beleuchtung ge-
taucht wird, in ein
Schwebekolorit
zwischen Tag und
Traum, das kehrt
literarisch ähnlich wieder in den eben erschienenen Novellen Jakob Wassermanns „Die
Schwestern". Noch manch anderes altspanische Bild bannt mit Rätselaugen: das Frauen-
antlitz, das Don juan Carreno de Miranda gemalt. Es ist ein bleiches Antlitz, wenn es auch
eine hektische Röte überßiegt, unter schwerem blauschwarzem Haar, das den Kopf auf dem
dünnen Hals zu bedrücken scheint; einem zarten anämischen Infanten, aus einer Gruft
entstiegen, gleicht es: „er ist sehr blaß und jung und früh verstorben". . . .
Die finstere Verzückung eines Priesterkopfes von Don Juan de Valdes-Leal lassen
F olterwonnen und die Wollust des Glaubensmartyriums aufsteigen, Autodafe-Extasen.
Und wie Gesichte solch entriickten Schauens erscheinen die starren, zwischen Himmel
und Erde ragend schreitenden Sybillen des Zurbaran und die in einem Himmel hieratischer
Falten ausgebreitete himmlische und irdische Liebe des Domenico Theotocopuli.
Diese Bilder gehören der Sammlung Ignatio Zuloagas und in ihrer Nachbarschaft hängen
die Werke zweier modernen Spanier. Neben der Düsternis des Todes und dem dumpfen
Leuchten aus der „Kirchen altehrwürdigen Nacht" steigt nun eine Welt voll flackernder
iiebrischer Lebensbegier. Mit der Aufschrift zweier d'Annunzio-Bücher kann man sie
nennen: Fuoco und Piacere . . . Feuer und Lust.
Claudio Casteluchos koloristische Bacchanale rauschen daher, sein Reigen der
Tänzerinnen, grün-, orange-, rot- und blautupfig, auf farbigen Lichtwellen balanzierend in
der erregenden Optik des Bühnenlichts. Momentan erfaßt. im Wirbel eingefangen. . , um-
jauchzt, wohl auch umkreischt von einer kühnemwilden InstrumentationEtwas Blendendes,
der Rausch einer südlichen Festival-Nacht vibriert durch die Bilder. Sie reißen nicht hin,
aber sie peitschen die Phantasie.
Virtuoses Rafhnement mischt hier die Essenzen. Eine unersättliche Genußsucht
erprobt hier immer neue Farbensensationen für die zuckenden Nerven. Die Vor-
stellung liebkosenden Streichelns hingewühlter schillernder Seidenstoffe steigt aus
manchen Bildern.
Die Frauen werden wie ein Stilleben behandelt, wie eine Bonbonniere, die ein
Ästhet als kostbares Bijou entworfen.
Sevres-Porzellan, um 184a, aus Fürstlich Metternichschem Besitz, Fruchtschale, im
Mittelfelde die Spitzenerzeugung
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