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Volltext: Monatszeitschrift IX (1906 / Heft 11)

Die Schauer der 
Dunkelheit wallen -' 
auf und ab und 
zwischen den ge- 
spenstischen „In- 
truses" schwankt 
die schlotternde 
Gestalt des Über- 
fallenen im Hemd, 
und das helle Lin- 
nen und die Blöße 
inmitten der Fin- 
stemis-Gewaltsam- 
keit ist wie ein 
geller Todesschrei. 
Wie in diesen 
beiden Bildern ein 
Kriminalstoff in 
eine sonambule 
Beleuchtung ge- 
taucht wird, in ein 
Schwebekolorit 
zwischen Tag und 
Traum, das kehrt 
literarisch ähnlich wieder in den eben erschienenen Novellen Jakob Wassermanns „Die 
Schwestern". Noch manch anderes altspanische Bild bannt mit Rätselaugen: das Frauen- 
antlitz, das Don juan Carreno de Miranda gemalt. Es ist ein bleiches Antlitz, wenn es auch 
eine hektische Röte überßiegt, unter schwerem blauschwarzem Haar, das den Kopf auf dem 
dünnen Hals zu bedrücken scheint; einem zarten anämischen Infanten, aus einer Gruft 
entstiegen, gleicht es: „er ist sehr blaß und jung und früh verstorben". . . . 
Die finstere Verzückung eines Priesterkopfes von Don Juan de Valdes-Leal lassen 
F olterwonnen und die Wollust des Glaubensmartyriums aufsteigen, Autodafe-Extasen. 
Und wie Gesichte solch entriickten Schauens erscheinen die starren, zwischen Himmel 
und Erde ragend schreitenden Sybillen des Zurbaran und die in einem Himmel hieratischer 
Falten ausgebreitete himmlische und irdische Liebe des Domenico Theotocopuli. 
Diese Bilder gehören der Sammlung Ignatio Zuloagas und in ihrer Nachbarschaft hängen 
die Werke zweier modernen Spanier. Neben der Düsternis des Todes und dem dumpfen 
Leuchten aus der „Kirchen altehrwürdigen Nacht" steigt nun eine Welt voll flackernder 
iiebrischer Lebensbegier. Mit der Aufschrift zweier d'Annunzio-Bücher kann man sie 
nennen: Fuoco und Piacere . . . Feuer und Lust. 
Claudio Casteluchos koloristische Bacchanale rauschen daher, sein Reigen der 
Tänzerinnen, grün-, orange-, rot- und blautupfig, auf farbigen Lichtwellen balanzierend in 
der erregenden Optik des Bühnenlichts. Momentan erfaßt. im Wirbel eingefangen. . , um- 
jauchzt, wohl auch umkreischt von einer kühnemwilden InstrumentationEtwas Blendendes, 
der Rausch einer südlichen Festival-Nacht vibriert durch die Bilder. Sie reißen nicht hin, 
aber sie peitschen die Phantasie. 
Virtuoses Rafhnement mischt hier die Essenzen. Eine unersättliche Genußsucht 
erprobt hier immer neue Farbensensationen für die zuckenden Nerven. Die Vor- 
stellung liebkosenden Streichelns hingewühlter schillernder Seidenstoffe steigt aus 
manchen Bildern. 
Die Frauen werden wie ein Stilleben behandelt, wie eine Bonbonniere, die ein 
Ästhet als kostbares Bijou entworfen. 
 
Sevres-Porzellan, um 184a, aus Fürstlich Metternichschem Besitz, Fruchtschale, im 
Mittelfelde die Spitzenerzeugung 
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