DAS SPIELKARTENWERK VON H.-R. D'ALLE-
MAGNE. Sie VON LUDWIG HEVESI-WIEN.
IN ebenso umfangreiches als eingehendes, dabei
mit allem Luxus des Buchdrucks und Buch-
schmucks ausgestattetes Prachtwerk hat sich
dieses Jahr der langen und breiten Literatur über
Spielkarten angeschlossen, die beiden wuchtigen
Großquartbände von Henry-Rene D'Allemagne.""
Der gelehrte Bibliothekar der Pariser Arsenal-
bibliothek ergreift sein Thema von vielen Seiten
und verarbeitet mit Hilfe von Sammlern und Fach-
leuten der Fabrikation wie der Archive das end-
lose Material von den verschiedensten Gesichtspunkten aus. Bei den großen
Schwierigkeiten dieser Forschung ist an eine abschließende Arbeit wohl
nicht zu denken, ist doch zum Beispiel gleich die Datierung oft unsicher
genug, wenn auch der Verfasser durch urkundenmäßige Aufstellung der
Liste der Maitres cartiers und ihrer „Dynastien" sowie durch Klassierung
der verschiedenen Patronen in den Fabrikationszonen Frankreichs ein
chronologisches Gerüst feststellt. Für alle Fälle gibt er immer seine Quellen
an, so daß die Anknüpfungspunkte für Weiterforschende gegeben sind. Auf
diese Art gelingt es ihm, wenigstens für die französischen Spielkarten, ein
mit kunstgeschichtlichem und volkswirtschaftlichem Leben erfülltes Ent-
wicklungsbild zusammenzustellen. Die orientalischen, deutschen, italieni-
schen und anderen fremden Karten geben nur zu kürzeren Skizzen Anlaß.
Die künstlerisch-kunstgewerbliche Geschichte der Spielkarte füllt den ersten
Band, der zweite ergründet ihre juristisch-administrative Chronik auf Grund
von Spezialforschungen in allen einzelnen Fabrikationsorten Frankreichs,
die Organisation und Reglementation des Handwerks, wobei das Kapitel der
Fälschungen besonders interessant ausfällt. Aber auch die kulturgeschicht-
liche Seite des Themas ist reichlich bedacht. Die Spielwut und die durch sie
hervorgerufenen Gesetze, die Kartenaufschlägerei, die Geschichte des Karten-
hauses sogar, ja die Benutzung der Rückseiten abgespielter Karten, schließ-
lich allerlei anekdotischer Stoff gibt eine ganze Reihe Kapitel von all-
gemeinem Interesse. Aber auch der prächtige Bilderschmuck allein wird
den Durchmusterer des Werkes für seinen Aufwand an Zeit und Mühe
reich entschädigen. Vor allem sind aus den verschiedensten Epochen zahl-
reiche Gemälde, Lithographien, Stiche, Holzschnitte, Karikaturen, die sich
aufs Kartenspiel beziehen, reproduziert. Desgleichen aber auch eine lange
Reihe schöner und rarer Spiele, zum Teil von bedeutendem Kunstwert,
1' Les Cartes ä jouer du XIV: au XXQ siecle, par Henry-Rene D'Allernagne, archiviste-pnleographe,
bibliathecaire ä la bibliotheque de l'Arsenal. Paris, librairie Hachette k Cie. MCMVI. z Bände, gr. 4. XVI, 504
und 64a Seiten. - Mit 3200 Reproduktionen von Karten, darunter 956 in Farben, m in Aquarell kolorierten
Tafeln außer Text, 25 Phototypien, m6 illustrierten Umschlägen für Kartenspiele und zqo verschiedenen
Vignetten und Ansichten.