Kopfleiste aus dem Werke von Henry D'Allemagnez Die Spielkarten vom XIV. bis XX. Jahrhundert
Der Ursprung der Spielkarten bleibt nach wie vor in Dunkel gehüllt.
Daß sie aus dem Orient stammen (für den jetzt das Haus Camoin 8: Comp.
in Marseille massenhaft arbeitet), glaubt Verfasser nicht. Es scheint ein
Kartentrieb im Menschen zu liegen, so daß er die Erfindung früher oder
später überall macht, eventuell durch Fremdlinge angeregt, wie etwa die
ledernen Spielkarten von Indianern im ethnographischen Museum zu San
Francisco auf spanisches Beispiel zurückgehen. Europa kennt die Spiel-
karten jedenfalls früh im XIV. Jahrhundert; die „Paginae" von Du Canges
Glossarium kommen schon 1337 in den Statuten der Abtei Saint Victor
(Marseille) vor. Die Erfinderschaft des Jacquemin Gringonneur für König
Karl VI., die zu Beginn des XVIII. Jahrhunderts der Pere Menetrier aus
dem Register der Chambre des Comptes von 1392 herleitete, wird natürlich
längst nicht mehr aufrechterhalten. Übrigens kommen Spielkarten in Belgien
und in Viterbo schon 137g vor. Und vom 3. August 1381 ist jener köstliche
Notariatsakt datiert, aus der Kanzlei des Laurent Aycardi, worin der vom
Spielteufel besessene Kaufmannssohn Jacques Jean sich seinen Freunden
Honorat d'Albe und Nicolas Miot schriftlich verpflichtet, auf seiner Reise
nach Alexandrien keine Karte zu berühren bei Buße von 15 Goldgulden
für jeden Übertretungsfall. In Deutschland, der Heimat der Nummernkarten,
wurde das Spiel schon 132g vom Würzburger Bischof verboten. Den ältesten
Holzschnitt mit Kartenspielern, von 1472, veröffentlichte Lady Charlotte
Schreiber in ihrem Spielkartenwerk; vier Personen spielen darauf mit
deutschen Karten. Auf deutschem Boden ersteht aber schon 1377 dem
Kartenspiel auch ein so wehrhafter Verteidiger, wie Frater Johannes von
Basel, dessen „Tractatus" sich im British Museum befindet. Nach ihm ist
es ein sittliches und frommes Werk, bei dem man immerzu an gottgefällige
Dinge erinnert wird; also wirklich eine Art „36blättrige Bibel". Die deutschen
Karten des XVI. Jahrhunderts stehen künstlerisch sehr hoch. Man braucht gar
nicht auf Spiele von Künstlern wie Jost Amman und Virgil Solis hinzuweisen.
Hefner-Alteneck konnte zum Beispiel nicht herausbringen, ob ein Spiel aus
Pergament oder Papier sei, weil die Vorderseite auf Goldgrund reich