Gebiet dieser Forschungen seit längerer Zeit gepflegt, wenn auch nur in der Form zer-
su-euter Aufsätze, die Reisebeobachtungen, Museumswanderungen, aktuelleRestaurierungs-
fragen zur Veranlassung hatten. Nun zeigt einer der rührigsten Beobachter und fieißigsten
Chronisten, der geheime Baurat K. Mühlke, in einem höchst anziehenden Sammelband,
der im Verlag Wilh. Ernst ä Sohn in Berlin xgoö erschien, daß schon eine sehr statt-
liche Anzahl solcher Streifzüge gemacht wurden. Diese Aneinanderreihung in zwangloser
Form ist um so verdienstvoller, als die Zeitschriften und Jahresberichte, welchen die Auf-
sätze entstammen, verschiedensten Zwecken gewidmet sind. Es ist sicherlich sehr zu em-
pfehlen, daß das immer noch steigende Meer von Fachzeitschriften auf dem Gebiet der Kunst
und Kultur gelegentlich solchen Prüfungen unterzogen wird und daß so wertvolle Mit-
teilungen und Darstellungen vor der Vergessenheit gerettet werden, welche ihnen sonst
droht. In ihrer Zusammenstellung nach einheitlichen Gesichtspunkten wird jedem weiter
Bauenden ein sehr mühsames Suchen erspart und den Wißbegierigen ein übersichtliches
Belehrungsmaterial geboten. Es sind Bausteine für den Aufbau eines Werkes, dessen
Zeit vielleicht noch nicht gekommen ist.
In der Anordnung der Aufsätze wurde von Mühlke eine Folge beobachtet, welche
durch Momente der historischen Entwicklung zu begründen war.
Die ältesten Kultureinflüsse gehen vom skandinavischen Norden im Osten Europas
aus und können in ihrem Weiterschreiten nach Westen bis zur holländischen Küste ver-
folgt werden; der lebhaRe Wechselverkehr dieser Küstenvölker drückt sich deutlich in der
Verwandtschaft gewisser Anschauungen im Hausbau und den häuslichen Einrichtungen
aus. Der Beginn der Sammlung ist dem so interessanten skandinavischen Holzbau ge-
widmet, der auch in diesen Blättern schon besprochen wurde. Die zahlreichen nordischen
Museen für Volkskunde erfahren in mehreren Artikeln eine eingehende Berücksichtigung.
Die großen Hansestädte, besonders Lübeck, Hamburg, Danzig, erscheinen durch liebevolles
Eingehen auf lokale Eigentümlichkeiten wiederholt gewürdigt, auch das niederdeutsche
Bauernhaus, besonders jenes in den Vierlanden, wird gut beleuchtet. Den Schluß bilden
Aufsätze über holländische Bauten und Äußerungen volkstümlicher Kunst in Holland. Es
sind immer nur Streiflichter; Eindrücke, Erlebnisse künstlerisch empfänglicher Leute
vom Baufach, unterstützt durch anspruchsloses Illustrationsmaterial, in dem Zeichnungen
mit Lichtbildern wechseln; stets auf das Sachliche gerichtet. Und doch gibt die Gesamtheit
der Beiträge ein reiches, lebendiges Bild von den Zusammenhängen und den Intimitäten
nordischer Volkskunst. Darum sei das Buch aufs beste begrüßt. Hartwig Fischel
ALTSCHVVEIZERISCHE BAUKÜNST. Es berührt sonderbar, wenn in der
Zeit der hoch entwickelten photographischen Technik vorhandene Baudenkmale, be-
sonders aber solche von malerischer Wirkung, durch ein Verfahren veröffentlicht werden,
das einst als notwendiges Übel in den Kauf genommen werden mußte. So wertvoll die
lineare Darstellung mit der Feder bei geometrischen Projektionen bleiben wird, für die
Vorführung malerischer Architekturbilder wird sie nur in höchster künstlerischer Vollen-
dung berechtigt bleiben. Diese Eigenschaft kann man aber wohl den Heißigen Zeichnungen
nicht beimessen, mit denen der Architekt Anheißer die reizvollen Überreste alter volks-
tümlicher Baukunst in der Schweiz uns verführt} Es ist gewiß sehr verdienstlich, diesen
Spuren nachzugehen; es ist zur Kenntnis des Vorhandenen mitunter auch nützlich, durch
eine zeichnerische Andeutung auf Einzelnes aufmerksam gemacht zu werden. Der Gegen-
stand selbst aber wird durch eine solche Vorführung nicht genügend tief gefallt. Sie er-
weckt nur den Wunsch nach Jemandem, der den dornenvollen Weg der Veröffentlichung
mit ebenso viel Fleiß und Ausdauer und mit höher entwickelten Hilfsmitteln betritt, wie
der Urheber der vorliegenden Reiseskizzen.
Als Vorarbeit zu einem solchen Werk werden die Architekturskizzen ihren Wert
geltend machen können. Hartwig Fischel
' Dr. R. Anheißer. Altschweizerische Baukunst. Bern, A. Francke.