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Volltext: Neubauten und Concurrenzen in Österreich und Ungarn, 3. Jahrgang 1897

Nr. 1. 
Neubauten und Concurrenzen. 
Seite 3. 
zur Expropriation für jene Häuser auszustatten, welche 
sie für die Durchführung neuer oder die Erweiterung 
bestehender Strassen oder Plätze als nothwendig erachtet. 
Derselben wäre auch für die von ihr zum Umbaue oder 
zur Verbauung zu bringenden Grundflächen die schon 
derzeit bestehende 12jährige Befreiung von den landes 
fürstlichen Steuern, jedoch unter Aufrechthaltung der 
öpercentigen Einkommensteuer und hiezu gehörigen Lan 
des- und Gemeindezuschläge, ferner der Nachlass der 
dazu gehörigen Landes- und Gemeindezuschläge für die 
selbe Zeit in denjenigen Fällen zu gewähren, in welchen 
die Regulirung und der Ausbau des bezüglichen Grund- 
complexes ohne dieses Zugeständniss sich für sie als ver 
lustbringend erweisen würde. 
Die Wiener Stadtregulirungs-Commission hätte sofort 
den Entwurf für eine den modernen Bedürfnissen ent 
sprechende Bauordnung für die Stadt Wien zu verfassen 
und an die Gemeindeverwaltung zur weiteren geschäft 
lichen Behandlung zu leiten. Bei der Abfassung dieses 
Entwurfes wäre auch dafür vorzusorgen, dass solche Be 
stimmungen aufgenommen werden, welche es bei der Durch 
führung der Regulirung ermöglichen, den verschiedenartigen 
Charakter der Strassen zu bewahren, da es durchaus 
nicht im Interesse der Bevölkerung und der Gewerbe 
treibenden liegen kann, lauter grosse breite Strassen mit 
eleganten, grosse Miethe zahlenden Gewölben und Läden 
zu erhalten, sondern auch minder luxuriöse Strassen 
zu besitzen, in welchen sich der Handel und Ver 
kauf in bescheideneren und minder kostspieligen 
Verhältnissen abwickeln kann, da sonst die Gefahr 
vorliegt, durch grosse Magazine den bisherigen, zwischen 
Gewerbetreibenden und der Bevölkerung bestehenden 
geschäftlichen Verkehr zu verdrängen und damit Klein 
gewerbe wie Bevölkerung zu schädigen. 
Durch ein Gesetz, wonach die Eigenthümer jener 
Realitäten oder Grundstücke, deren Werth durch die 
Durchführung einer Regulirung erhöht wird, nach Mass- 
gabe dieser Wertherhöhung zu einer entsprechenden 
Beitragsleistung für die dafür auflaufenden Kosten heran 
zuziehen wären, würde ihr ein nicht unwesentlicher Bei 
trag zu ihrem Regulirungsfonds zufliessen. 
Ausserdem hätte die Commission das Recht, Dar 
lehen zu gewähren, Pfandbriefe auszugeben etc. 
Ausgestattet mit diesen weitgehenden Vollmachten 
und Rechten, könnte , diese Wiener Stadtregulirungs-Com- 
Bebauungsvorschriften in Sachsen. Das sächsische 
Ministerium des Innern hat neuerdings Bestimmungen 
erlassen, welche sich gegen eine zu intensive Bebauung 
des Areals in grösseren Städten und deren näherer Um 
gebung richten. Die »Leipziger N. Nachricht.« schreiben 
darüber: Das Ministerium hat dem Rathe unserer Stadt 
aus Anlass eines Bauvorschriftenentwurfs, der einen 
Baubezirk unserer Südvorstadt betrifft, mitgetheilt, dass 
es die Ausnützung des Grund und Bodens zu dreistöckigen 
und vierstöckigen Wohnhäusern nicht mehr gestatte. Das 
Ministerium beschränkt vielmehr die Gebäudehöhe auf 
Parterre und zwei Obergeschosse. In das Dach dürfen 
nur noch wirthschaftliche Nebengelasse zu den im Par 
terre und den zwei Obergeschossen befindlichen Woh 
nungen eingebaut werden; es dürfen also in Zukunft selbst 
die zweistöckigen Häuser keine selbständigen Dach 
wohnungen mehr haben. Weiter verbietet das Ministerium, 
in das Kellergeschoss Werkstätten und ähnliche Gewerbs- 
mission die nothwendigen Strassenerweiterungen, allenfalls 
nothwendigen Strassendurchbrüche, Platzbildungen u. s. w. 
einzeln und in kurzen bestimmten und also absehbaren 
Zeiträumen durchführen und damit den vorhandenen \ er- 
kehrsbedürfnissen. vor Allem aber im I. Bezirke durch 
Schaffung des nöthigen Raumes, wofür Tramway-Gesell 
schaften etc. zu einem ausgiebigen Beitrage heranzuziehen 
wären, für die Einführung weiterer, etwa elektrisch zu 
betreibenden Verkehrsmittel sofort Rechnung tragen. 
Was den möglichen Einwand betrifft, dass die Ge 
meinde-Autonomie durch eine so machtvolle Körperschaft 
eingeschränkt werden würde, so muss bedacht werden, 
dass man ja doch Rechte, die eigentlich nie ausgeübtwurden. 
kaum praktisch beschränken kann. Dieser in der Denk 
schrift des Niederösterreichischen Gewerbevereines nieder 
gelegte und ebenso eingehend wie überzeugend begrün 
dete Gedanke der Schaffung einer mit den angeführten 
Rechten ausgestatteten Commission ist ein so glücklicher, 
dass seine Erfüllung als ein sehr geeignetes Mittel be 
zeichnet werden muss, um aus der Verwirrung herauszu 
kommen, welche in den Regulirungs- und Verkehrsfragen 
der Stadt Wien derzeit herrscht. Aber nicht allein Wien, 
sondern beinahe alle grösseren Städte des Reiches, be 
sonders die Landeshauptstädte, stehen vor der Regulirungs 
frage, und sind schon mehrere derselben mit ähnlichen 
Gesetzen wegen Steuerbefreiung für Umbauten beglückt 
worden, wie Wien; einige dieser Gesetze stehen derzeit 
in verfassungsmässiger Behandlung. Mögen die massgeben 
den Kreise in diesen Städten einen genügend weiten Blick 
zeigen, um die Interessen' der ihnen anvertrauten Bevöl 
kerungen rechtzeitig vor grossem Schaden zu bewahren, 
indem durch mechanisches Erbreitern einzelner Haupt 
strassen das Werk einer wirklichen Stadtregulirung er 
schwert und hinausgeschoben wird und die Haus- und 
Grundwerthe eine ganz ungerechtfertigte A erschiebung 
erfahren. Geradeso wie für die Reichshauptstadt könnte 
eine der oben besprochenen Stadtregulirungs-Commission 
nachgebildete beschliessende und gleichzeitig ausführende 
Instanz auch für die meisten grossen Landeshaupt- und 
Provinzstädte zum Segen werden. 
Das von uns in Nummer 12, Jahrgang 1896, im Bilde veröffent 
lichte Haus in Wien, VI. Gumpendorferstrasse (Palais aus der Zeit der 
Kaiserin Maria Theresia), ist nach einer Aufnahme und Zeichnung des 
Herrn Architekten Hermann Maykut in Wien reproducirt. 
räume einzubauen. Endlich verfügt das Ministerium, dass 
die Hintergebäude mehrerer Nachbargrundstücke nicht 
mehr in geschlossener Reihe, sondern entweder vollständig- 
freistehend erbaut werden, oder dass die Hintergebäude 
je zweier Nachbargrundstücke so aneinander gebaut werden, 
dass der Rücken des einen Hinterhauses an die Seiten 
wand des anderen stösst. Dadurch soll erreicht werden, 
dass nur je zwei Hintergebäude aneinanderstossen. Um 
diese herum soll freier Raum sein, während jetzt die 
Hintergebäude einer ganzen Häuserreihe eine geschlossene 
Phalanx bilden. Die Hintergebäude sollen in Zukunft nur 
noch aus einem Parterre und einem Obergeschoss be 
stehen und nur dann bewohnt werden dürfen, wenn die 
Vordergebäude nicht dicht neben einander stehen. Bei 
geschlossener Bauweise der Vorderhäuser dürfen die 
Hintergebäude nicht bewohnt werden. — Diese Bestim 
mungen des Ministeriums sind grundsätzlich, d. h. sie 
sollen im Princip gelten, jedoch Ausnahmen zulassen. 
WETTBEWERBS-NACHRICHTEN. 
Ausgeschriebene 
Fontaine vor dem Rudolfinum in Prag. Wie bekannt, wurde 
am 5. Mai v. J. zum Zwecke der Gewinnung von Entwürfen für eine 
monumentale Fontaine vor dem Rudolfinum ein öffentlicher Concurs 
ausgeschrieben. Es wurden drei Preise ausgesetzt, und zwar loOO fl-, 
fl. 1000 und fl. 600. Der Concurstermin endet mit 5. Februar 1897. 
Demnächst wird in der Tagespresse bekanntgegeben werden, wohin 
die Entwürfe einzusenden sind. Der Prager Stadtrath wählte in die 
Jury nachstehende Herren: Josef Mander, Professor an der Staatsge- 
Wettbewerbe. 
werbeschule; Jos. V. Myslbek, Director der Kunstgewerbeschule: 
Jrirner, Professor an der Malerakademie: Regierungsrath 
und Professor an der bömischen technischen Hochschule, und Josef 
ZAtek, Regierungsrath und Professor an der deutschen technischen 
Hochschule. 
Preisausschreiben des Ungarischen Ingenieur- und Architekten 
vereines. Der Ungarische Ingenieur- und Architektenverein hat die 
diesjährige Ybl-Medaille auf den Entwurf eines an einem öffent-
	        
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