Nr. 1.
Neubauten und Concurrenzen.
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zur Expropriation für jene Häuser auszustatten, welche
sie für die Durchführung neuer oder die Erweiterung
bestehender Strassen oder Plätze als nothwendig erachtet.
Derselben wäre auch für die von ihr zum Umbaue oder
zur Verbauung zu bringenden Grundflächen die schon
derzeit bestehende 12jährige Befreiung von den landes
fürstlichen Steuern, jedoch unter Aufrechthaltung der
öpercentigen Einkommensteuer und hiezu gehörigen Lan
des- und Gemeindezuschläge, ferner der Nachlass der
dazu gehörigen Landes- und Gemeindezuschläge für die
selbe Zeit in denjenigen Fällen zu gewähren, in welchen
die Regulirung und der Ausbau des bezüglichen Grund-
complexes ohne dieses Zugeständniss sich für sie als ver
lustbringend erweisen würde.
Die Wiener Stadtregulirungs-Commission hätte sofort
den Entwurf für eine den modernen Bedürfnissen ent
sprechende Bauordnung für die Stadt Wien zu verfassen
und an die Gemeindeverwaltung zur weiteren geschäft
lichen Behandlung zu leiten. Bei der Abfassung dieses
Entwurfes wäre auch dafür vorzusorgen, dass solche Be
stimmungen aufgenommen werden, welche es bei der Durch
führung der Regulirung ermöglichen, den verschiedenartigen
Charakter der Strassen zu bewahren, da es durchaus
nicht im Interesse der Bevölkerung und der Gewerbe
treibenden liegen kann, lauter grosse breite Strassen mit
eleganten, grosse Miethe zahlenden Gewölben und Läden
zu erhalten, sondern auch minder luxuriöse Strassen
zu besitzen, in welchen sich der Handel und Ver
kauf in bescheideneren und minder kostspieligen
Verhältnissen abwickeln kann, da sonst die Gefahr
vorliegt, durch grosse Magazine den bisherigen, zwischen
Gewerbetreibenden und der Bevölkerung bestehenden
geschäftlichen Verkehr zu verdrängen und damit Klein
gewerbe wie Bevölkerung zu schädigen.
Durch ein Gesetz, wonach die Eigenthümer jener
Realitäten oder Grundstücke, deren Werth durch die
Durchführung einer Regulirung erhöht wird, nach Mass-
gabe dieser Wertherhöhung zu einer entsprechenden
Beitragsleistung für die dafür auflaufenden Kosten heran
zuziehen wären, würde ihr ein nicht unwesentlicher Bei
trag zu ihrem Regulirungsfonds zufliessen.
Ausserdem hätte die Commission das Recht, Dar
lehen zu gewähren, Pfandbriefe auszugeben etc.
Ausgestattet mit diesen weitgehenden Vollmachten
und Rechten, könnte , diese Wiener Stadtregulirungs-Com-
Bebauungsvorschriften in Sachsen. Das sächsische
Ministerium des Innern hat neuerdings Bestimmungen
erlassen, welche sich gegen eine zu intensive Bebauung
des Areals in grösseren Städten und deren näherer Um
gebung richten. Die »Leipziger N. Nachricht.« schreiben
darüber: Das Ministerium hat dem Rathe unserer Stadt
aus Anlass eines Bauvorschriftenentwurfs, der einen
Baubezirk unserer Südvorstadt betrifft, mitgetheilt, dass
es die Ausnützung des Grund und Bodens zu dreistöckigen
und vierstöckigen Wohnhäusern nicht mehr gestatte. Das
Ministerium beschränkt vielmehr die Gebäudehöhe auf
Parterre und zwei Obergeschosse. In das Dach dürfen
nur noch wirthschaftliche Nebengelasse zu den im Par
terre und den zwei Obergeschossen befindlichen Woh
nungen eingebaut werden; es dürfen also in Zukunft selbst
die zweistöckigen Häuser keine selbständigen Dach
wohnungen mehr haben. Weiter verbietet das Ministerium,
in das Kellergeschoss Werkstätten und ähnliche Gewerbs-
mission die nothwendigen Strassenerweiterungen, allenfalls
nothwendigen Strassendurchbrüche, Platzbildungen u. s. w.
einzeln und in kurzen bestimmten und also absehbaren
Zeiträumen durchführen und damit den vorhandenen \ er-
kehrsbedürfnissen. vor Allem aber im I. Bezirke durch
Schaffung des nöthigen Raumes, wofür Tramway-Gesell
schaften etc. zu einem ausgiebigen Beitrage heranzuziehen
wären, für die Einführung weiterer, etwa elektrisch zu
betreibenden Verkehrsmittel sofort Rechnung tragen.
Was den möglichen Einwand betrifft, dass die Ge
meinde-Autonomie durch eine so machtvolle Körperschaft
eingeschränkt werden würde, so muss bedacht werden,
dass man ja doch Rechte, die eigentlich nie ausgeübtwurden.
kaum praktisch beschränken kann. Dieser in der Denk
schrift des Niederösterreichischen Gewerbevereines nieder
gelegte und ebenso eingehend wie überzeugend begrün
dete Gedanke der Schaffung einer mit den angeführten
Rechten ausgestatteten Commission ist ein so glücklicher,
dass seine Erfüllung als ein sehr geeignetes Mittel be
zeichnet werden muss, um aus der Verwirrung herauszu
kommen, welche in den Regulirungs- und Verkehrsfragen
der Stadt Wien derzeit herrscht. Aber nicht allein Wien,
sondern beinahe alle grösseren Städte des Reiches, be
sonders die Landeshauptstädte, stehen vor der Regulirungs
frage, und sind schon mehrere derselben mit ähnlichen
Gesetzen wegen Steuerbefreiung für Umbauten beglückt
worden, wie Wien; einige dieser Gesetze stehen derzeit
in verfassungsmässiger Behandlung. Mögen die massgeben
den Kreise in diesen Städten einen genügend weiten Blick
zeigen, um die Interessen' der ihnen anvertrauten Bevöl
kerungen rechtzeitig vor grossem Schaden zu bewahren,
indem durch mechanisches Erbreitern einzelner Haupt
strassen das Werk einer wirklichen Stadtregulirung er
schwert und hinausgeschoben wird und die Haus- und
Grundwerthe eine ganz ungerechtfertigte A erschiebung
erfahren. Geradeso wie für die Reichshauptstadt könnte
eine der oben besprochenen Stadtregulirungs-Commission
nachgebildete beschliessende und gleichzeitig ausführende
Instanz auch für die meisten grossen Landeshaupt- und
Provinzstädte zum Segen werden.
Das von uns in Nummer 12, Jahrgang 1896, im Bilde veröffent
lichte Haus in Wien, VI. Gumpendorferstrasse (Palais aus der Zeit der
Kaiserin Maria Theresia), ist nach einer Aufnahme und Zeichnung des
Herrn Architekten Hermann Maykut in Wien reproducirt.
räume einzubauen. Endlich verfügt das Ministerium, dass
die Hintergebäude mehrerer Nachbargrundstücke nicht
mehr in geschlossener Reihe, sondern entweder vollständig-
freistehend erbaut werden, oder dass die Hintergebäude
je zweier Nachbargrundstücke so aneinander gebaut werden,
dass der Rücken des einen Hinterhauses an die Seiten
wand des anderen stösst. Dadurch soll erreicht werden,
dass nur je zwei Hintergebäude aneinanderstossen. Um
diese herum soll freier Raum sein, während jetzt die
Hintergebäude einer ganzen Häuserreihe eine geschlossene
Phalanx bilden. Die Hintergebäude sollen in Zukunft nur
noch aus einem Parterre und einem Obergeschoss be
stehen und nur dann bewohnt werden dürfen, wenn die
Vordergebäude nicht dicht neben einander stehen. Bei
geschlossener Bauweise der Vorderhäuser dürfen die
Hintergebäude nicht bewohnt werden. — Diese Bestim
mungen des Ministeriums sind grundsätzlich, d. h. sie
sollen im Princip gelten, jedoch Ausnahmen zulassen.
WETTBEWERBS-NACHRICHTEN.
Ausgeschriebene
Fontaine vor dem Rudolfinum in Prag. Wie bekannt, wurde
am 5. Mai v. J. zum Zwecke der Gewinnung von Entwürfen für eine
monumentale Fontaine vor dem Rudolfinum ein öffentlicher Concurs
ausgeschrieben. Es wurden drei Preise ausgesetzt, und zwar loOO fl-,
fl. 1000 und fl. 600. Der Concurstermin endet mit 5. Februar 1897.
Demnächst wird in der Tagespresse bekanntgegeben werden, wohin
die Entwürfe einzusenden sind. Der Prager Stadtrath wählte in die
Jury nachstehende Herren: Josef Mander, Professor an der Staatsge-
Wettbewerbe.
werbeschule; Jos. V. Myslbek, Director der Kunstgewerbeschule:
Jrirner, Professor an der Malerakademie: Regierungsrath
und Professor an der bömischen technischen Hochschule, und Josef
ZAtek, Regierungsrath und Professor an der deutschen technischen
Hochschule.
Preisausschreiben des Ungarischen Ingenieur- und Architekten
vereines. Der Ungarische Ingenieur- und Architektenverein hat die
diesjährige Ybl-Medaille auf den Entwurf eines an einem öffent-