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aber noch auf das polychromierte Medaillon der Postamentvorderseite
hinweisen, ein Motiv, das in der von den Lombardi gepflegten Fassaden-
architektur mit den bekannten Inkrustationen recht häufig vorkommt, wofür
mehrere Paläste am Canal Grande, die Miracoli-Kirche oder S. Zaccaria
zeugen. ä „,
das römische Grabsteinmotiv
Man begnügt sich, Tullio Lombardis Kunst als eine von der Antike
beeinHußte zu bezeichnen. Ohne Genaueres anzugeben, ist bereits auf
griechische Werke hingewiesen worden, als von seinen zwei Reliefs an der
Fassade der Scuola di S. Marco zu Venedig -- zwei Darstellungen aus dem
Leben des gleichnamigen Heiligen - die Rede warf Eine große Rolle spielt
sicher die Antike bei diesem
eigentümlichen Renaissance-
künstler, aber sein Verhältnis
zur Antike ist ein anderes, als
etwa das Donatellos gewesen
war. Unter einem ganz be-
stimmten Gesichtswinkel hat
die Antike auf Tullio gewirkt.
Es braucht nur an das Esten-
sische Doppeiporträt und an
jenes verwandte des Museo
archeologico zu Venedig er-
innert zu werden, um deutlich
(irnago clipeata) mit den ge-
paarten Büsten der Verstor-
benen (gewöhnlich Mann und
Frau) zu erblicken. Seine Wer-
ke sind aber doch derartig
individuell, daß auch hier, wie
bei Donatello, eine Verarbei-
tung der antiken Muster an-
genommen werden muß. Die
Art dieser Verarbeitung und
die entwicklungsgeschichtli-
chen Prämissen zu dieserVer-
arbeitung sind - im Vergleich
mit Donatello - verschieden.
Tullios Kunst erwächst aus
demvondiesemgroßenFloren-
tiner hinterlassenen Stadium
1' Siehe Cicercne (X. Auflage), Abb. 2. Tullio Lombardi, „Prudemiw (Wien, Sammlung Stefan
Seite 544. von Auspitz)