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Volltext: Monatszeitschrift X (1907 / Heft 1)

Nachklänge der neugriechischen und näheren orientalischen (sarazenischen) Kunst. Und 
daß Werke aus Italien und dem Norden einander vielfach so nahe stehen, erklärt sich 
auch aus dem volkstümlichen Charakter der meisten Kunstwerke jener Zeit. Bei jeder 
Ausstellung volkstümlicher Arbeiten kann man ja mit Staunen bemerken, wie nahe volks- 
tümliche Werke scheinbar ganz fremdartiger Völker einander kommen; so ist es oft schwer, 
slawische und spanische Textilarbeiten voneinander zu scheiden oder selbst ältere 
orientalische und neuere skandinawische. Auch Zeitbestimmungen sind bei solchen Werken 
natürlich oft schwer zu treffen, da die Vereinfachung und Rückbildung die Unterschiede 
der fortgeschrittenen Kunst gar leicht verwischt und manche vereinfachte Form sich durch 
Jahrhunderte erhält. Man wird daher bei der zeitlichen Bestimmung der im Werke ab- 
gebildeten Arbeiten außerordentlich vorsichtig sein müssen. In manchen Fällen kann, 
wenn man dies außer acht läßt, ein Irrtum von Jahrhunderten unterlaufen. 
Bezeichnend für die Volkskunst ist auch die geringe Anzahl der zur Verfügung stehen- 
den Motive und der Mangel klarer Formenscheidung und plastischen Empfindens. Holz- 
schnitzereien wie die an den Kirchen zu Aal oder Telemarken gehören wohl zum äußersten 
in dieser Richtung und sind in mancher Beziehung sogar dem ganz primitiven Schaffen 
einiger Südseevölker zu vergleichen. Der Primitive verlangt von der Kunst eben vielfach 
eine direkte Berauschung seiner Sinne; es ist wie eine Traumphantasie, die sich da vor uns 
entwickelt. Die Visionen weiter entwickelter (ich sage natürlich nicht besserer) Individuen 
und Völker sind gemeinhin ganz anderer Art. 
Manchmal treffen wir in dem besprochenen Werke allerdings auch Arbeiten, die ent- 
schieden nicht volkstümlichen Charakter, wie er hier gemeint ist, aufweisen, sondern das 
Gepräge der jeweilig am meisten vorgeschrittenen Kunst. Nun, diese Vermischung von 
Volkskunst in unserem Sinne mit vorgeschrittenen Kunstwerken erklärt sich aus einem 
prinzipiellen Gegensatze zwischen den Herausgebern des Werkes und dem Unter- 
zeichneten. Die Herausgeber sehen nämlich alles Dargestellte als eine spezifische 
Äußerung eigentümlicher, größtenteils unabhängig entstandener, germanischer Kunst an; 
sie haben das Werk anscheinend auch nur deshalb unternommen, um diesen spezifisch 
germanischen Kunstgeist nachzuweisen und, wie im Vorworte angedeutet wird, auf den 
vorliegenden Beispielen womöglich eine neue primitive Kunst aufzubauen. Hierin kann 
der Unterzeichnete den Herausgebern nicht folgen und es wäre ihm und wohl vielen 
anderen auch lieber gewesen, wenn die Herausgeber, die darin allerdings ihrer l-Iauptidee 
folgen, die Kunstwerke verschiedener Gegenden und Zeiten nicht allzusehr vermischt 
hätten. Auch hätten sich, von anderen Voraussetzungen ausgehend, wohl manche Zu- 
sammenhänge erkennen lassen, die in dem Werke direkt abgelehnt werden. Man hätte 
dem Werke dann natürlich auch einen anderen Titel gegeben und die Beschreibungen der 
Arbeiten anders gefaBt. Doch könnte dieser prinzipielle Streit nur entschieden werden, 
wenn Stück für Stück durchgenornmen würde. 
]edenfalls ist es aber gut, daß so viele interessante Arbeiten nun in so trefflichen 
Abbildungen vorliegen; denn es ist ganz zweifellos, daß ein großer Teil des im Werke 
Gebrachten bisher nur schwer oder nur in ungenügenden Abbildungen zugänglich war. 
Auf jeden Fall kann der Künstler, der Kunstfreund und der Gelehrte Anregung genug 
empfangen und, wenn der Künstler die Anregungen ohne die Absicht sklavischer Nach- 
ahmung und der Forscher ohne Chauvinismus benützt, dann werden sie zweifellos Gutes 
schaffen. Darum müssen wir den Herausgebern und dem Verleger für die ehrliche 
Mühewaltung Dank sagen und man kann nur wünschen, daß die Aufnahmen mit gleicher 
Gründlichkeit fortgesetzt werden. M. Dreger 
PREISAÜSSCHREIBÜNG. Durch eine vom Landesausschuß des Herzogtums 
Salzburg mit vollem Erfolg durchgeführte analoge Aktion angeregt, erläßt der 
Landesausschuß des Erzherzogtums Österreich unter der Enns zur Förderung der 
Erzeugung und des Absatzes der Fremdenindustrieartikel eine allgemein zugängliche
	        
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