der Moden, die Kompliziertheit der Toi-
lette und die unglaublichen Haartrachten
bedenken, die Unnatürlichkeit der äußer-
lichen Körperpflege, so werden wir leicht
einsehen, warum der moderne Mensch in
seinem englischen Kleide so gar nicht in
den barocken Raum stimmen kann. Die
Formen, wie die Gebrauchsstücke haben
für uns ihren Sinn und ihre Bedeutung
verloren; sie werden uns aber als Zeugen
einer ungemein durchgebildeten und ent-
wickelten formalen Geschmacksäußerung
von großem Werte bleiben. Zum ersten
Mal tritt in der neueren Zeit hier auch die
Einwirkung ostasiatischer Kultur stark in
denVordergrund, aber charakteristischer-
weise sind es gerade die bizarren Chinoiserien, die durch ihre innere Ver-
wandtschaft mit dem Empfinden der Barockzeit von dieser so rasch assi-
miliert werden konnten, während die tiefer liegenden Seiten ostasiatischen
Wesens erst später Einiluß gewinnen.
Ferner sehen wir trotz aller Prunkliebe den Sinn für Intimität manchmal
auch noch in höchsten Kreisen gewahrt und neu aufleben. In Versailles sind
die privaten Wohn- und Schlafräume von Ludwig XVI. und Maria Antoinette
eingebaut zwischen eine Gruppe von Sälen mit mächtigen Dimensionen,
indem kleine Appartements von ge-
ringer Geschoßhöhe und mit sehr
schwachen Zwischenwänden über-
einander gestellt und durch Zwischen-
treppen verbunden sind.
So kam das berühmte kleine
Schlafzimmer-eben der unglück-
lichen Königin zu stande, das in
seiner graziösen und diskreten De-
koration eine Perle ist. Auch die
anmutigen Bilder Chardins wie die
Stiche Chodowieckis erzählen von
intimen bürgerlichen Räumen, in
denen das kühne Pathos und der
sprühende Übermut der aristokrati-
schen Lebenskunst fremd sind, hin-
gegen sanfte, gefällige und vor allem
bequeme und einfache Bildungen den
Bedürfnissen einfacherer Menschen Hydfia aus Anm, (Hogmuswm in Wim)
Pyxis (Hofmuseum in Wien)