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Peter Fendi, in der Galerie bereits durch eine größere Zahl von Arbeiten vertreten,
figuriert unter den Erwerbungen des Jahres 1906 mit zwei Stücken. Eines derselben
behandelt die Parabel vom Sämann: ein junger, kräftiger Bauer von ausgesprochen
niederösterreichischem Typus wirft mit weitausholender Gebärde das Korn aus; im Hinter-
grund vor stürmischem grauen Himmel ein Dorfkirchlein, zu dem sich ein Leichenzug
bewegt. Fendi behandelt hier im Geiste seiner Zeit das Thema vom „Werden, Sein und
Vergehen" auf genrehafte Weise, doch nicht ohne eine gewisse Größe, die sich in den
großzügigen Linien der Hauptfigur und Landschaft, wie in der ernsten Stimmung des
Bildes manifestiert. Das zweite Gemälde „Die Neugierige" zeigt uns mit der ganzen
schalkhaften Anmut der Biedermeierzeit ein junges Mädchen im Neglige, welches mit
Rudolf v. Alt, Götlschachbach, Aquarell (Hufmuseum in Wien)
sichtlichem Interesse durchs Schlüsselloch ins Nachbargemach blickt. Ein feines kleines
Frauenbildnis von Michael Neder ergänzt die in der Galerie bereits vorhandenen Arbeiten
dieses älteren Wiener Meisters. Von Friedrich Gauermann wurde ein kleines Bild von
saftiger Farbe der Galerie einverleibt. Es ist die Studie zu dem später in großem Formate
ausgeführten bekannten Bild „Die Pferdeschwemme". Auf Papier in Ölfarben gemalt, ist
dieses Blatt von Gauermann für den Kunsthändler und Sammler Bühlmeyer, in dessen
Galerie es einen Ehrenplatz einnahm, zum vollendeten Gemälde ausgestaltet und auf Holz
geklebt worden.
Die Reihe der in der Galerie vorhandenen Gemälde Friedrich von Amerlings ist
durch eine charakteristische und bedeutende Arbeit des Meisters vermehrt worden: durch
das „Porträt eines vlämischen Bürgermeisters". Das von den Holländern des XVII. Jahr-
hunderts stark beeinßußte Bild stellt einen Mann in der Tracht dieses Jahrhunderts dar,
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