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O A 
P. T. 
Wohl selten gibt es eine Industrie, die aus den bescheidensten Anfängen 
sich in so kurzer Zeit zu solchem Umfange und Ansehen entwickelt hat, wie 
die Bugholzmöbel-Industrie. 
Es sei uns daher die Anführung folgender statistischer Daten gestattet: 
Anfang des Jahres 1830 machte Michael Thonet sen., der 1819 in 
Boppard am Rhein seinen selbständigen Geschäftsbetrieb als Bau- und Möbel 
tischler begann, die ersten Versuche, Möbelbestandteile aus Furnieren zu 
biegen. Aus der Periode 1836—1840 stammen Stühle laut Fig. 1 und 2. 
Die erreichten Erfolge wurden zu neuem Schaffen benützt und es entstand 
1850 als erster Konsumsessel jene Type (Fig. 3), welche noch heute als 
Sessel Nr. 4 erzeugt wird. Es war das Wiener Cafe Daum, das am ersten 
mit Möbeln aus gebogenem Holz (Sessel Nr. 4) eingerichtet wurde. 
g 1869, d. i. nach Ablauf unseres Patentes, entstand die erste 
g Konkurrenzfabrik. Es ist naturgemäß, daß diese und die seither entstandenen 
o zahlreichen Konkurrenzfabriken fast alle von uns ge- 
§ schaffenen Typen in ihre Fabrikation aufnahmen; aber 
§ auch nach erfolgter Gründung und Inbetriebsetzung der 
§ Konkurrenzfabriken blieben wir die Schöpfer jener 
§ Hauptkonsumtypen dieser Industrie, die noch heute 
§ den Weltmarkt beherrschen. So entstand beispielsweise 
g 1876 die Sesseltype laut Katalog 
g Nr. 18 (Fig. 9); 
O 
§ 1885 die Sesseltype laut Katalog 
o Nr. 56 (Fig. 10), von welcher seither 
o sowohl von uns, als auch von allen 
° Konkurrenzfirmen unzählige Sessel- 
o nummern abgeleitet wurden; 
O 
g 1888 die erste Type von 
8 fheaterklappfauteuils aus gebogenem 
g Holz für das Deutsche Volkstheater 
g in Wien (Fig. 11), welche seither 
g füi die moderne Theatermöblierung bahnbrechend und mustergültig wurde; 
Fig. 8 
Fig. 1 
Fig. 3 
Fig. 2 
1851 wurden in der Londoner Weltausstellung Möbel ausgestellt laut 
Fig. 4, 5 und 6. 
Fig. 9 
Fig. 10 
Fig. 11 
1853 (am 1. November) gründete Michael Thonet sen. mit seinen 
Söhnen die Firma Gebrüder Thonet und ließ sie handelsgerichtlich 
protokollieren. 
1856 (am 10. Juli) wurde der Firma Gebrüder Thonet ein Privilegium 
erteilt: „Auf die Anfertigung von Sesseln und Tischfüßen aus gebogenem Holz, 
dessen Biegung mit Hilfe der Einwirkung von Wasserdämpfen oder siedenden 
Flüssigkeiten geschieht.“ — Dieses blieb bis zum 10. De 
zember 1869 in Kraft. 
1859 wurde in unserer Fabrik Koritschan jene Type 
geschaffen, die als Sessel Nr. 14 (Fig. 7) der Haupt 
konsumartikel dieser Industrie geworden ist. Die bisherige 
Gesamtproduktion von Sesseln Nr. 14 in sämtlichen be 
stehenden in- und ausländischen Fabriken von Möbeln 
aus gebogenem Holz dürfte bis heute mit etwa 50 Mil 
lionen nicht zu hoch gegriffen sein. 
1860 entstand in unserer Fabrik Koritschan der erste 
Schaukelfauteuil aus gebogenem Holz, eine Type, welche 
noch heute als Nr. 7001 erzeugt wird (Fig. 8). 
1891 unser Gartensessel Nr. 4 (Fig. 12) mit seiner originellen Knoten 
konstruktion, der zufolge seiner anerkannten technischen Vollkommenheit 
seither einen Absatz von vielen Hunderttausenden erreichte; 
1898 die beliebte Sesseltype laut Katalog Nr. 221 (Fig. 13), die seither 
unzählige Varianten gefunden hat. 
Es ist der Erfindung Michael 
Thonet sen. zu danken und dem exakten 
Wege, den er zu deren Ausnützung vor 
zeichnete, daß heute in Österreich-Ungarn 
26 Firmen in mehr als 35 Fabriken die 
Erzeugung von Möbeln aus gebogenem 
Holz betreiben; daß diese Industrie in 
Österreich-Ungarn allein die regelmäßige 
forstwirtschaftliche Ausnützung eines 
Gebietes von 350.000 Hektaren Buchen 
waldungen für Materiallieferung er 
heischt, daß aus Österreich-Ungarn 
jährlich mehr als 200.000 Meterzentner von Möbeln aus gebogenem Holz in 
alle Weltteile exportiert werden; daß mehr als 35.000 Menschen neue und 
lohnende Beschäftigung fanden. Der Name Michael Thonet sen. gehört somit 
mit Recht der Geschichte der Arbeit an, und es ist keine Selbstüberhebung, 
wenn wir dies hier feststellen. 
Fig. 12 
Fig. 13 
Wien, im Februar 1912. 
Gebrüder Thonet. 
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